Der Erleichterungsseufzer der Bewohner von Fucking über die bevorstehende Umbenennung ihres Ortes, der ab 1. Jänner Fugging heißen wird, ist bis Linz zu hören. Damit dürfte endlich wieder Ruhe einkehren in der kleinen Innviertler Siedlung im Grenzgebiet zu Bayern, die in den letzten Jahren häufig in den Schlagzeilen war.
Eine Reportage Von Kurt Guggenbichler
Als ich mich langsam auf das Gebäude an der Ortseinfahrt von Fucking zubewege, verschwindet der Mann, der eben noch davor im Garten gearbeitet hatte, schnell im Haus. Sehr kontaktfreudig scheint man dort nicht zu sein. Ähnliches bemerke ich bei einem anderen Gehöft in der 100 Seelen zählenden Gemarkung.
In der benachbarten Gemeinde Tarsdorf, zu der der Ortsteil Fucking gehört, glaubt man auch den Grund für die Verschlossenheit der dort lebenden Menschen zu kennen.
Viele Schaulustige
Sie sind verärgert wegen der ungewollten Aufmerksamkeit, die Fucking wegen seines Ortsnamens schon seit Jahren erregt, erzählt mir ein Passant in der Nähe der Tankstelle eher zögerlich. Auch er möchte von dem leidigen Wirbel um den Namen des Ortes nichts mehr hören und freut sich, dass dieser nun in „Fugging“ umbenannt wird.
In der Vorwoche wurden die neuen Ortstafeln mit der neuen Schreibweise des Ortes bereits installiert, offiziell ist das Ganze ab 1. Jänner nächsten Jahres. Damit dürften nun nicht nur das Gerede um den Ort, sondern auch die vielen Diebstähle der Ortstafeln ein Ende haben.
Denn wegen der englischen Lesart dieses urbairischen Ortsnamens Fucking waren diese Tafeln gefragte Souvenirs, vor allem, nachdem sich der Name erst in den ausländischen Medien und daraufhin in den sozialen Netzwerken verbreitet hatte und die Diskussion darüber explodierte.
Seitdem reisten scharenweise Touristen an, um sich vor den Ortstafeln knipsen zu lassen. Sehr oft nahmen diese die Schilder bei ihren Besuchen gleich mit, indem sie sie mit Brachialgewalt abmontierten. Noch öfter wurden sie in Nacht- und Nebelaktionen entfernt.
Es reicht
„Als jedoch immer öfter Schilder verschwanden, blieb uns nichts anderes übrig, als sie einzubetonieren und zu verschweißen“, erzählte mir schon in den 1990er-Jahren der damalige Bürgermeister, als ich meine erste Geschichte über die Ortstafeldiebstähle von Fucking schrieb.
Für zusätzlichen Zulauf in dem Mini-Ort hat auch ein TV-Krimi gesorgt, der in einer fiktiven Ortschaft namens „Bad Fucking“ spielte. Die Amazon-Serie „The Grand Tour“, bekannt für Autoerlebnisse in aller Welt, machte in Fucking ebenfalls Zwischenstation, wie auch in „Kissing“ und „Petting“ im benachbarten Bayern.
Schließlich wurde auch noch eine der größten Pornoseiten der Welt auf Fucking im Innviertel aufmerksam und bot allen Bewohnern einen kostenlosen Zugang zu seinen Premium-Diensten an. Als sich unlängst auch noch zwei dänische Satiriker mit einem YouTube-Video über die kleine Innviertler Ortschaft und ihre Menschen lustig gemacht hatten, reichte es den Bewohnern.
Deshalb werden sie sich jetzt vermutlich auch leichten Herzens von ihrem alten Ortsnamen trennen, auch wenn dieser eine schon lange Tradition hat. Denn Fucking sei seit 1070 schriftlich belegt, erläutern Historiker. Vermutlich leite sich der Name von dem Adeligen Adalbert von Vucckingen her, der im 11. Jahrhundert in der Region lebte.
Die Endung bei Ortsnamen auf „-ing“ sei in Bayern wie auch in Gebieten, die einst von Bayern besiedelt wurden, häufig zu finden. Übrigens: Auf einer Mappe des 19. Jahrhunderts ist die Ortschaft noch als Fuking – ohne ck – verzeichnet.
Als am Freitag vorvoriger Woche publik wurde, dass Fucking nun umbenannt wird, setzte noch in der Nacht zum Samstag ein Run von diebischen Souvenirjägern auf die Ortstafeln wie auch auf kleinere Hinweistafeln mit der Aufschrift „Fucking“ ein.
Nicht in allen Fällen glückte den Spitzbuben ihr Vorhaben, denn als ein in der Nähe einer Ortstafel lebender Bewohner nachts Trennschleifer-Geräusche hörte, verständigte er umgehend die Polizei.
Auf nach Sexling
Die Liebhaber von Ortsnamen mit schlüpfrigen oder erotischen Lesarten werden künftig wohl andere Orte heimsuchen müssen, um ihre Sammelleidenschaft von Ortstafeln mit ungewöhnlichen Namen zu befriedigen. Wie wäre es beispielsweise mit den Schildern von „Sexling“ oder von „Maiden“?
Für eine Reportage hatte ich schon einmal beizeiten diese beiden Orte aufgesucht, in denen ich mir viele Dorfschönheiten zu sehen erhoffte. Aber leider hielt Maiden nicht, was der Name verhieß, denn in dem Dreihäuserort traf ich lediglich auf starken Autoverkehr, der durch die Ansiedlung brauste.
Auch von „Sexling“ war ich enttäuscht. Im Geiste hatte ich dort schon viele flotte Geplänkel in Heuschobern und jede Menge fensterlnder Buben gesehen. ‚Was mag sich hinter den Mauern der hübschen Wohn- und Bauernhäuser, die die kurvenreiche Straße von Sexling säumen, abspielen?‘, überlegte ich.
Doch das einzig Scharfe, das ich bei meinem Eintreffen gleich am Ortseingang zu Gesicht bekam, war die Sense des Bauern Johann Brandl, der gerade dabei war, die Wiese zu mähen.
„Gibt’s denn hier keine hübschen Menscha“?, fragte ich ihn. „Freilich“, beeilte sich „Sensenmann“ Brandl zu versichern: „Sogar mehr wie g‘nua. Doch die san olle erst im Zuwawochs’n.“