Getöpfert wurde in Gmunden bereits in vorchristlicher Zeit

Neue Broschüre über altes Handwerk

Getöpfert wurde in Gmunden bereits in vorchristlicher Zeit

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Keramikstadt war einmal das Synonym für Gmunden. Das Synonym kam mittlerweile aus der Mode, doch das keramische Handwerk gibt es immer noch – auch in der Traunseestadt. Das Leben der Gmundner Bevölkerung ist nach wie vor eng mit der Keramik-Tradition verknüpft.

Eine Reportage von Kurt Guggenbichler

Hört man den Namen Gmunden, dann denken vermutlich die meisten sofort an Traunsee, Schwäne und Schloss Orth, aber auch an Keramik und Töpfermarkt. Denn Gmunden ohne seine Keramik wäre wie Venedig ohne Murano-Glas. Nicht von ungefähr bezeichnete man den Ort im Schatten des Traunsteins einst als Keramikstadt.

Charakteristische DNA

Auch wenn Gmunden als Keramikstadt nicht mehr einen so dominierenden Stellenwert hat wie noch anno dazumal, so sei sie als Stätte der Keramik-Erzeugung noch keineswegs unbedeutend, findet August Mayer, Vorstand des Musealvereins, der dort akribisch nach Spuren aus längst vergangenen Tagen suchte. Und Spuren gebe es noch eine ganze Menge.

Die Manufakturen und Werkstätten sind zwar vielfach Geschichte, dafür findet sich noch eine große Anzahl an Keramik­objekten an Privathäusern und an öffentlichen Gebäuden wie auch im öffentlichen Raum, konstatiert Mayer, woraus er schlussfolgert, dass sich die Gmund­ner immer noch mit ihrer Keramik identifizieren.

Berühmte Schleiss-Werkstätte

Bürgermeister Stefan Krapf ist darüber nicht verwundert. „Keramik ist und bleibt einer der charakteristischsten Abschnitte unserer DNA“, stellt er fest. Tatsächlich hat sich Gmunden lang über seine Töpferei-Tradition definiert. 

„Tonwaren sind in unserer Gegend bis weit in die vorchristliche Zeit hinein nachweisbar“, weiß der Lokalhistoriker Hans Wagneder, der die Geschichte der Keramik  seiner Heimatstadt am Traunsee recherchierte und diese nun auch in einer Broschüre veröffentlicht hat. „Belegt ist eine Töpferei in Gmunden bereits im Jahr 1492“, berichtet er. In diesem Jahr hat Christoph Kolumbus Amerika entdeckt, und auch die Stiegl-Brauerei soll damals gegründet worden sein. 

Zweihundert Jahre später gab es in der Gmundner Vorstadt Traundorf schon etliche namhafte Töpfereien. Sie erzeugten damals vornehmlich Gegenstände für die Haushaltsführung wie Häferl, Teller und Schüsseln. Im 19. Jahrhundert kamen die wunderschönen Gmundner Fayence-Krüge dazu.

Denn mit dem Erscheinen der Familie Schleiß (auch Schleiss – so wurde der Name ab den 1920er-Jahren geschrieben), die sehr schnell einen großen Bekanntheitsgrad erlangen sollte, hatte die Fertigung von künstlerischen Keramiken ihren Anfang genommen, heißt es. Viele dieser Fayence-Krüge aus der Schleiß-Produktion wurden mit einem Zinndeckel dekoriert und anschließend von Franziska Schleiß auf dem Markt in Wien verkauft. Zu diesem Zweck reiste sie mit den Salzschiffen, den sogenannten Traunern, bis nach Linz und von dort aus mit den Donauschiffen weiter nach Wien. 

Ein Leopold Schleiß, der mit Josefine, der Tochter eines Rosenkranzmachers aus Altmünster verheiratet war, ließ ab 1903 die „Gmundner Tonwarenfabrik“ errichten, um Keramikwaren in größerer Zahl erzeugen zu können.

Bald aber hatte die Familie die Lust an der Massenproduktion verloren und siedelte in die alten Gewölbe ihres Stammhauses an der Thea­tergasse zurück, um sich wieder mehr der künstlerischen Produktion zuzuwenden.

Zwar erzeugte Schleiß auch weiterhin Gebrauchsgeschirr und Baukeramik, doch zu den Spezialitäten gehörten die weithin begehrten Schleiß-Kacheln für Öfen.

In den 1950er-Jahren bildete Franz Schleiss in seiner Keramikschule bereits 150 Lehrlinge aus, darunter auch Karl Födinger, der später selbst einen keramischen Betrieb gründen und damit auch sehr bekannt werden sollte.

Glockenspiel aus Meissen

Ihm und seiner Werkstätte ist in Wagneders Broschüre ebenfalls ein Kapitel gewidmet, genau wie vielen anderen Betreibern von Keramikerzeugungsbetrieben, von denen die meisten schon längst das Zeitliche segneten.

In diesen Werkstätten tummelten sich einst wahre Künstler, wie beispielsweise Wolfgang Födinger, Hanns Eder, Georg Pesendorfer oder auch Bernd Födinger, dem Gmunden die Idee vom Töpfermarkt verdankt. Mit der damaligen Kulturstadträtin Christine Zeemann wurde sein Plan relativ schnell realisiert.

Herbert Reisenbichler, Kurt Ohnsorg, Anton Raidl und Alfred Zinhobl sind weitere namhafte Keramiker, die in der Traunseestadt wirkten und auch Spuren hinterließen. Der Bildhauer Ernst Kubiena entwarf den 1948 eröffneten Salzträgerbrunnen am Rinnholzplatz.

Das bekannte Geläute im Gmundner Rathaus, das stets viele Besucher anzieht, wird von grüngeflammten Keramikglocken erzeugt. Das Design dieser Glocken stammt zwar von der bekannten Gmunder Keramikfabrik, doch das Material dafür lieferte die Porzellanmanufaktur Meissen.

Die heimische Tonerde, oft auch süffisant als „Gmundner Gatsch“ bezeichnet, wäre nicht hart genug gewesen, um im laufenden Betrieb nicht kaputt zu gehen. Am 11. Mai 1958 wurde das beliebte Glockenspiel mit 18 Glocken unterschiedlicher Größe eingeweiht. 35 Jahre später wurde es um sechs Glocken erweitert, die sich – je nach Jahreszeit – mit unterschiedlichen Melodien hören lassen.

Kein Ohren-, sondern ein Augenschmaus ist der schöne Keramikbrunnen im Pausenhof des Gmundner Gymnasiums, den Heinz Pilz kreierte.

„Wer auf einschlägiger Motivsuche nach keramischer Kunst durch unsere Altstadt spaziert, braucht die Einschalttaste seiner Kamera zwischendurch nicht mehr auf ‚Off‘ zu stellen”, betont Bürgermeister Stefan Krapf, „weil sich alle paar Meter eine kleinere oder größere Sehenswürdigkeit findet.“

Da sind beispielsweise das Zunftzeichen der Metzger im Pepöck-Haus, die Schleiss-Madonna in der Pfarrkirche, das archaische Salzweiberl auf dem Toskana-Platz und anderes mehr. Auch die moderne Gmund­ner Keramik kann sich sehen lassen und wird gut verkauft.

Museum hütet Sanitärporzellan

In der so genannten „Haferlbude“, wie die Gmundner den heutigen ÖSPAG-Betrieb in Englhof volkstümlich nennen, werden schon längst keine Häferl mehr erzeugt, sondern sogenanntes Sanitärporzellan. Fritz Lischka, einer der Direktoren des Unternehmens, begann 1966 Sanitärporzellan – Waschbecken, Toiletten, Badewannen – zu sammeln. Die Exponate sind heute im Kammerhofmuseum zu bewundern.

Ernst Grabner wiederum hat einen großen Bestand an sehenswerten Alt-Gmundner Fayencen zusammengetragen, die er – wie Heimatforscher Wagneder glaubt – gern der Öffentlichkeit zugänglich machen würde.

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