Geldwesen und Finanzwissen fristen in den Lehrplänen unserer Schulen ein stiefmütterliches Dasein, obwohl sich jeder zu diesen Themen eine solide Wissensbasis aneignen sollte.
Ein Kommentar von Dr. Herbert Samhaber
Oft fehlt die „Grundausbildung“
Salopp ausgedrückt hat jeder in seinem Leben mit den Themen zu tun, doch kaum jemand kennt sich aus. Auf Basis einer Initiative des Landes Burgenland und der dortigen Schuldnerberatung wurde vor kurzem ein sogenannter „Finanzpass“ für 13- und 14-jährige Schüler eingeführt.
Dabei soll es zu einer Art „Grundausbildung“ in Finanzangelegenheiten kommen, damit die Jugendlichen vor einem Abgleiten in die „Schuldenfalle“ bewahrt werden.
Nichtvorsorgen der Österreicher
Grundsätzlich werte ich es als sehr positiv, dass man sich in unserem Bildungswesen mit dem Thema Finanzwissen auseinander setzt. Es ist jedoch bemerkenswert und eigentlich bedenklich, dass eine regionale Initiative wie diese nötig ist. Die Tatsache, dass ein Bundesland in Bildungsfragen – welche eigentlich unter die Zuständigkeit des Bundes fallen würden – in die Bresche springen muss, um gegen diese Missstände vorzugehen, zeigt, dass hier einiges im Argen liegt.
Ein weiteres Mal wiederhole ich meinen Aufruf, endlich ein Schulfach oder zumindest einen echten Unterrichtsmittelpunkt für alltagsrelevante Geldangelegenheiten zu installieren.
Wie schädlich Nichtwissen im Bereich Finanzwesen sein kann, zeigt eine aktuelle Studie über das Nichtvorsorgen der Österreicher. Zwei Drittel unserer Staatsbürger betreiben keine private Vorsorge und zwar nicht, weil sie davon nichts halten würden, sondern weil sie sich in diesem Bereich einfach nicht auskennen. Im Vergleich dazu sind es in der Schweiz lediglich die Hälfte der Befragten.
Kann man sich Schulden auch leisten?
Auch dieser Anteil ist viel zu hoch, aber er lässt gut erkennen wie wichtig Bildung auch in diesem Sektor ist. Jeder sollte eine Haushaltsrechnung aufstellen können. Bevor man Schulden macht, sollte man sich ausrechnen, ob man sich diese auch leisten kann. Das Bewusstsein und das Wissen darüber sollte während der Pflichtschuljahre geschaffen werden.
Die Tendenz zu Konsumkrediten für Elektronik-Artikel und Ähnliches ist bedenklich, speziell wenn es sich um nicht notwendige Dinge wie das neueste Smartphone oder den überdimensionierten Fernseher handelt. Online-Kredite sind mit wenigen Mausklicks abgeschlossen, das Geld ist online ebenso schnell wieder ausgegeben, aber die Rückzahlungen belasten das persönlliche Budget dann über Jahre.
Individueller Lebensstandard
Dem Fazit der Studie, dass es zu einer Förderung des Finanzwissens durch unser Bildungssystem kommen muss, um ein Mindestmaß an Finanzkompetenz für die nächsten Generationen zu verwirklichen, kann ich mich nur voll und ganz anschließen. Gerade aus dem Umstand heraus, dass eine staatliche Rundumversorgung in der Pension jetzt schon nicht mehr wirklich gegeben ist und in Zukunft völlig unrealistisch erscheint, sollte es quasi ein privates Bewusstsein für Finanz- und Vorsorgeangelegenheiten geben – damit auch im Alter der individuelle Lebensstandard aufrechtzuerhalten ist.
Geldwesen ist kein Randthema, sondern ein Thema, das jeden Bürger betrifft. Es gehört jetzt als fixer Bestandteil in die Lehrpläne integriert. Traurigerweise verbaut Nichtwissen in diesem Bereich nicht nur Chancen – es kann sogar existenzbedrohend sein.
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