Vertrauen in Zukunft Deutschlands auf Tiefpunkt – doch Grüne legen zu

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Dieser Beitrag von Daniel Mattisek erschien zuerst auf AUF1.INFO

Nach etwas über einem Jahr Ampel-Regierung ist das Vertrauen der Deutschen in den Staat endgültig auf einem Tiefpunkt angelangt: Laut einer aktuellen Allensbach-Umfrage glauben vier von fünf Deutschen, dass der Staat sich durch eine ausufernde Bürokratie selbst lähmt – und nur zwei von fünf glauben, dass Deutschland in zehn bis 15 Jahren noch zu den führenden Wirtschaftsnationen gehören wird. Staats- und Politikverdrossenheit steigen also stetig weiter an.

Wie sich die Zuversicht abgeschwächt hat, zeigt der Vergleich mit dem Stimmungsbild früherer Jahre: Noch vor fünf Jahren glaubten 59 Prozent daran, dass Deutschland eine „goldene Zukunft“ haben wird. Das hat sich gründlich ins Gegenteil verkehrt: Von einer „guten Entwicklung” des Landes gehen heute nur noch mickrige 31 Prozent aus. Dass Deutschland gestärkt aus den Krisen der vergangenen Jahre hervorgehen wird, glauben noch jämmerliche 14 Prozent.

Schleichender Staatsverfall

Doch die demoskopischen „Tiefschläge” gehen noch weiter, sogar wenn nach konkreten Bereichen des schleichenden Staatsverfalls gefragt wird: Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung sehen 68 Prozent als unzureichend an, ihre „Effizienz” bemängeln 62 Prozent, bei der technischen Ausstattung der Schulen sind es 61 Prozent. Die Hoffnung auf eine Verbesserung im Digitalisierungsbereich hegen gerade noch 33 Prozent.

Die Corona-Krise hat auch das Vertrauen in das Gesundheitssystem in den Keller rasseln lassen: 2017 hielten noch 81 Prozent dieses für eine besondere Stärke Deutschlands, nun sind es gerade noch 60 Prozent. Im gleichen Zeitraum verdoppelte sich der Anteil derer, die im deutschen Gesundheitssystem nicht etwa eine Stärke, sondern einen „Schwachpunkt” des Landes sehen, auf 39 Prozent. An eine perspektivische Verbesserung in diesem Bereich glaubt nur noch eine Minderheit.

Probleme Deutschlands bleiben ungelöst

Generell trauen der Politik überhaupt nur noch 17 Prozent zu, die „Probleme Deutschlands“ lösen zu können. Diese generelle Lageeinschätzung entspricht der zunehmenden Skepsis gegenüber den handelnden politischen Akteuren: Zu Jahresbeginn erklärten im ARD-Deutschlandtrend 64 Prozent der Befragten, „weniger” oder „gar nicht” zufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung zu sein. Mit der politischen Arbeit von Bundeskanzler Olaf Scholz waren noch 34 Prozent einverstanden.

Allerdings zeigt sich bei alledem auch wieder die politische Schizophrenie der Deutschen: Obwohl sie Staat und Regierung ein desolates Zeugnis ausstellen, wählen sie immer und immer wieder die abgenutzten Parteien des Einheitskartells, die all die substanziellen Fehlentwicklungen der letzten Jahre zu verantworten haben. Bei einer Umfrage der „Forschungsgruppe Wahlen“ von Ende Januar kamen in der berühmten „Sonntagsfrage“, die das Meinungsbild im Falle einer Bundestagswahl simuliert, CDU/CSU auf sagenhafte 27 Prozent – und damit auf knapp drei Prozent mehr als bei ihrem Ergebnis bei der letzten Bundestagswahl. Die SPD lag hier bei 21 Prozent.

AfD kann trotzdem nicht punkten

Anders ausgedrückt: Trotz ihrer verheerenden Regierungsbilanz, die in Umfragen ebenfalls durchwegs negativ eingeschätzt wird, verliert die Koalition also nur knapp fünf Prozent im Vergleich zur Bundestagswahl. Die Grünen, die die ideologischen Urheber der beklagten deutschen Zustände sind, steigern sich sogar um vier Prozent auf 19 Prozent. Dass die FDP um mehr als fünf Prozent auf sechs Prozent gefallen ist, überrascht dagegen weniger. Die AfD kann eine Steigerung um fast fünf Prozent auf fast 15 Prozent verbuchen. Da sie keine Koalitionsperspektive hat, fällt dies aber nicht ins Gewicht.

Es ergibt sich also das widersprüchliche Bild, dass die Menschen zwar wahrnehmen, dass sie in einem aufgeblähten, aber weitgehend dysfunktionalen Staat leben, den Parteien, die dafür verantwortlich sind, aber dennoch großteils die Treue halten. Die Ampel-Koalition könnte laut dieser und anderer Umfragen jedenfalls weiterregieren. Eine Erklärung dafür wäre, neben der Möglichkeit einer politischen Bewusstseinsspaltung, der empfundene Mangel an Alternativen: weil „die“ Alternative der AfD nicht als solche wahrgenommen wird – oder noch immer erfolgreich mit dem Pesthauch des Rechtsextremismus belegt wird, der viele der verdrossenen Bürger von einer Hinwendung zur Realopposition abhält.

Zum Autor: Daniel Matissek ist Journalist mit pfälzischen Wurzeln, arbeitet neben AUF1 auch für diverse deutschsprachige freie Medien. Gründungsherausgeber des Blogs „Ansage.org“. Für den „Wochenblick“ schrieb er mit einer Unterbrechung vom Sommer 2020 bis zum Schluss. Schwerpunktthemen: Migrationspolitik, politischer Extremismus, Demokratie und Medienlandschaft. Freund differenzierter Zwischentöne, aber gerne auch leidenschaftlicher Polemiker. Devise: „Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos; es könnte aber auch umgekehrt sein.“

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