„Die Unmenschlichkeit gegenüber Alten und Angehörigen soll enden“

Eine Tochter sucht nach Mitstreitern:

„Die Unmenschlichkeit gegenüber Alten und Angehörigen soll enden“

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Die Alten leiden. Sie sind einsam, vermissen ihre Angehörigen. Die wenige Zeit, die sie noch haben, müssen viele in seelischer Folter verbringen. In den schlimmsten Fällen sterben sie daran. Doch was zählt, sind nur die Corona-Toten. Auch die Mutter von Kriemhild Kreindl wird im Senio­renheim abgeschottet. Die Sehnsucht ist groß, sie will das nicht mehr erdulden. „Die Regierung macht mehr kaputt, als sie gut macht“, ist sich Kriemhild sicher. Deshalb sucht die Oberösterreicherin nach Gleichgesinnten, die ähnliche Erfahrungen machen. Sie möchte sich austauschen und gemeinsam gegen die Missstände ankämpfen.  

Ein Interview von Elsa Mittmannsgruber

Warum werden Sie jetzt aktiv?

Weil ich es nicht mehr hinnehmen kann, dass ich meine Mutter nicht sehen darf. Ich vermisse sie so sehr, möchte ihre Hand halten. Das ist einfach unmenschlich. Ich habe für meine Mutter zwei Jahre lange ganz alleine gesorgt. Dadurch, dass sie dement ist, ist sie wie ein Kind für mich, und wer möchte von seinem Kind weggerissen sein? Es wäre für mich das Schlimmste, wenn jetzt irgendwas mit meiner Mutter wäre und ich könnte nicht zu ihr. Die Politik hätte mir dann die letzten Monate mit ihr geraubt. Über all das Leid macht sich die Regierung anscheinend keine Gedanken. 

An Einsamkeit sterben

Was wollen Sie erreichen?

Ich möchte erreichen, dass sich viele Leute melden, die genauso verzweifelt sind. Die Angehörigen, die auch leiden, weil sie ihre Verwandten im Altersheim nicht besuchen können. Die auch etwas tun möchten, dass wir wieder zu ihnen dürfen, bevor diese an Herzschmerz oder Einsamkeit sterben und nicht an Corona. Ich will nicht darauf warten, dass noch hundert Vertröstungen kommen. Der ganze Spuk wird noch lange nicht vorbei sein. Ich möchte mich vernetzen, um uns dann gemeinsam an die Politik zu wenden. Zusammen können wir mehr bewirken. 

Wann haben Sie Ihre Mutter das letzte Mal gesehen?

Vor zwei Monaten, denn schon vor dem Lockdown war eine zweiwöchige Sperre im Seniorenheim wegen eines Verdachtsfalles. Die neue Besuchsregelung nach dem Lockdown besagt nun, dass wir einmal die Woche für eine Stunde einen Bewohner besuchen dürfen und dafür jedesmal einen aktuellen negativen Corona-Test vorweisen oder eine FFP2-Maske tragen müssen. Aber das hat keinen Sinn. Warum darf ich dann nicht öfter kommen oder länger bleiben? Schon vor dem Lockdown trugen wir Masken, desinfizierten uns die Hände, gaben unsere Daten an, wurden fiebergemessen. Jetzt wird alles noch weiter verschärft, und trotzdem darf ich meine Mutter noch weniger sehen. Nützen die Maßnahmen also nichts? Das widerspricht sich alles. 

“Wir schützen die Alten zu Tode”

Was wäre also Ihr Wunsch?

Dass ich meine Mutter und auch die anderen ihre Angehörigen wieder öfter sehen können. Mir tun die Alten so leid. Die Regierung hätte bereits lange genug Zeit gehabt, sich bessere Konzepte zu überlegen, als die Leute wegzusperren und Besuchsverbote zu verhängen. Was wäre zum Beispiel mit Gratis-Schnelltests für Besucher oder von mir aus mit Selbstbehalt? Ich würde in einen Astronautenanzug reinschlüpfen, wenn ich dafür mehrmals die Woche zu meiner Mutter kann. Die ewig gescheiten Experten sollen kreativ werden und vor allem Geld in die Hand nehmen. Abermillionen werden für teils sinnlose Dinge rausgeworfen. Wenn sich die Regierung so Sorgen um die alten Leute macht, dann sollten sie ihre Seele schützen und einmal Herz zeigen.

Ja, doch die Hauptsache ist, dass sie nicht Corona bekommen.

„Wir schützen die Alten zu Tode“, hat eine Pflegerin kürzlich zu mir gesagt. Und genauso sehe ich das auch. Sie sterben vielleicht nicht an Corona, dafür aber an Einsamkeit und psychischer Belastung. Und die Angehörigen leiden mit. Die Regierung schadet mehr, als sie gut macht. Für sie zählen nur die Corona-Infektionszahlen und die Intensivbetten. Das massive Leid dahinter klammern sie einfach aus. Dabei möchte ich auch noch eines klarstellen: Meine Kritik richtet sich einzig und allein gegen die Politik und nicht gegen die Pflegeheime, denn diese leisten Großartiges trotz enormen Drucks und Überlastung. 

Wie, denken Sie, sehen das die Senioren selbst? 

Ein Bekannter erzählte mir gerade erst, dass seine Tante ihm sagte, dass sie lieber sterben möchte, als das noch länger mitmachen zu müssen. Sie ist auch in einem Seniorenheim, aber geistig noch total fit und vermisst ihre Verwandten sehr. Das hat mich derart erschüttert, und ich möchte nicht wissen, wie viele bereits über Selbstmord nachgedacht haben. 

Eigenverantwortung

Die Maßnahmen seien jedoch zu ihrem eigenen Schutz und dienen dem Wohl der Allgemeinheit, heißt es. Oder sollte den Menschen doch mehr Eigenverantwortung zugetraut werden?

Corona ist ja nicht das erste Virus, das Menschen trifft und wird auch nicht das letzte sein. Es war immer schon Sache von Verstand und Anstand, dass ich nicht zu Alten und Kindern gehe, wenn ich mich nicht wohl fühle. Ja, man kann auch symptomlos Überträger sein, ich weiß, aber dieses Risiko ist sehr gering, vor allem, wenn ich ohnehin Sicherheitsvorkehrungen wie Maske und Desinfektion treffe. 

Wir können uns selbst und unsere Angehörigen schützen, da brauche ich keine Politiker, die mir sagen, wie ich das machen soll. Das ist unser Leben!

Wenn Sie gemeinsam mit Kriemhild für unsere Senioren aktiv werden wollen, wenden Sie sich an [email protected]

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