Geschäftesterben dank Corona: Die Hoffnung liegt mittlerweile bei 2022

Teil II: Wochenthema "Jeder wird einen Wirt kennen..."

Geschäftesterben dank Corona: Die Hoffnung liegt mittlerweile bei 2022

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Lesen Sie hier Teil I ‘Weiteres Wirtshaussterben dank Corona’ unseres Wochenthemas „Jeder wird einen Wirt kennen …“

Von Matthias Hellner

Fehlende Veranstaltungen

Weite Kreise zieht die Krise nicht nur im Bereich des „klassischen Auslandstourismus“, sondern auch durch das Wegfallen von Konzerten, Kongressen und sonstigen Veranstaltungen, wie Andreas Danner beschreibt.

Er hat im Hauptberuf eine Handels­agentur und betreibt zudem den Souvenirshop am Linzer Hauptplatz. Gerade Besucher von Konzerten, Opern usw. wären auch Gäste, die vor oder nach der Veranstaltung oft noch ein Lokal aufsuchen oder auch vor Ort übernachten würden.

Davon sind natürlich in erster Linie Städte betroffen, wie etwa Salzburg oder Wien. In Linz merkt er hingegen deutlich den Wegfall von Bus- oder Bootstouristen, die nun durch die Maßnahmen, die auch im Ausland getroffen werden, ausbleiben.

Das lässt sich auch an den Umsatz­einbrüchen im Souvenirgeschäft feststellen, die Kundenfrequenz hat sich deutlich verringert. Derzeit erwartet er eine Belebung des Geschäfts vom Christkindlmarkt, der wohl am Hauptplatz stattfinden wird.

Für das nächste Jahr wünscht er sich, zumindest weiter kostendeckend zu arbeiten, denn, so Danner: „Meine Hoffnung geht mittlerweile auf 2022.“

Unlogische Corona-Regeln

Kritik kommt von allen unisono an einigen Maßnahmen der Regierung. So findet man, dass die Kurzarbeit und auch die Fixkostenzuschüsse durchaus eine gute Idee seien, jedoch ist deren Abwicklung zu kompliziert und mit zu viel Papierkrieg verbunden.

Und es kommt auch zu wenig an: Teilweise wurden einmalig eintausend Euro ausgezahlt, aber die Lokale hatten über zwei Monate geschlossen. Auch die Mehrwertsteuersenkung wurde positiv aufgenommen.

Für die sonstigen Maßnahmen herrscht jedoch wenig Verständnis. Die Personenbegrenzung an Tischen oder die neue Regelung, dass nur noch im Sitzen konsumiert werden darf und nicht mehr im Stehen an der Bar, werden mit Kopfschütteln wahrgenommen. Ebenso die Überlegungen zu Sperrstunden. „Als wäre das Virus ab einer bestimmten Uhrzeit auf einmal gefährlich und davor nicht“, kommentiert Hager die Sperrstunde.

Er selbst berichtet zudem von einem kürzlich erfolgten Besuch in der Schweiz, wo die Gastronomie fast ungestört arbeiten kann, ohne Masken oder andere Auflagen. Dazu verweist er auch auf eine aktuelle Schweizer Statistik.

Nach dieser infizieren sich 27,2 Prozent über Familienmitglieder, aber nur 1,9 Prozent bei Besuchen von Diskotheken oder Clubs und nur 1,6 Prozent bei Bar- oder Restaurantbesuchen.

Statistiken lügen nicht?

Zahlen ähnlicher Größenordnung lassen sich auch für Österreich feststellen. Laut Statistik der AGES – Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit – sind für die 40. Kalenderwoche folgende Zahlen zu Corona-Clustern abrufbar: Von 1573 Fällen in 430 Clustern ließen sich 45,1 Prozent (709 Fälle/252 Cluster) auf Infektionen im Haushalt zurückführen, 23,8 Prozent (374 Fälle/87 Cluster) in der Freizeit, und nur 3,5 Prozent (55 Fälle/13 Cluster) entfallen auf den vielgescholtenen Bereich Hotel/Gastro.

Dennoch wird nach Aussagen der Wirte die Gastronomie wieder dafür bestraft. „Eigentlich hat für uns der Lockdown nie wirklich geendet“, so Hager. Und auch der Welser Wirt Walter Hofbauer ärgert sich. „Erst jetzt ist wieder eine Veranstaltung mit 60 Personen abgesagt worden.

Die Leute haben Sorge vor den Strafen. Ob ich wo sitze oder ob ich stehe, wo ist da der Unterschied bei der Übertragung? Aber das kommt raus, wenn man einen Volksschullehrer zum Gesundheitsminister macht.“ Auf ähnliches Unverständnis trifft auch die Sperrstunde. „Wir müssen zusperren, und die Puffs dürfen bis drei oder fünf in der Früh offen haben. Die Leute, die noch was trinken wollen, gehen dann halt ins Puff auf ein Bier“, so der Welser Wirt.

Auch anderen Gastronomen fällt eine Verlagerung auf. „Die jungen Leute kommen früher, trinken was und gehen dann nach Hause oder woanders privat feiern, statt vorglühen halt nachglühen“, so Hager. Diese Beobachtung dürfte sich auch mit der Statistik zu den Corona-Clustern decken.

Die Menschen stecken sich viel stärker im privaten Bereich an. Die Gastronomie wird aber wieder zum Sündenbock gemacht  – und sei es nur, damit die Regierung den Bürgern „Geschäftigkeit“ vorspielen kann.

Auch Zulieferer betroffen

Allerdings wird ein wichtiger Punkt dabei gern übersehen. Nicht nur dem Gastronomie- oder Hotelgewerbe geht es durch mangelnde Kundschaft, der Stornierung von Kongressen und der Absage von Geburtstags-, Weihnachts-, oder Betriebsfeiern schlecht. Auch die Zulieferbetriebe haben darunter stark zu leiden, seien es Bäcker, Fleischhauer, Brauereien oder Getränkelieferanten, Putz- und Reinigungsfirmen oder auch das Taxigewerbe.

Sie alle sind ebenfalls mehr oder weniger von der jetzigen Situation betroffen. So dürfte es der Grieskirchner Brauerei zwar schon zuvor wirtschaftlich nicht allzu gut gegangen sein, der Wegfall der Gastronomie war dann jedoch der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte und eine Insolvenz unumgänglich machte.

Derzeit hoffen viele der Betriebe darauf, dass das nächste Jahr wieder bessere Rahmenbedingungen liefert oder zumindest doch noch wirksame Wege der Unterstützung gefunden werden. Denn viele zehren von ihren Rücklagen bzw. ihrer Substanz oder mussten bereits Kredite zur Überbrückung der Umsatzeinbußen aufnehmen.

Und dass heuer noch eine Besserung der Situation eintritt, daran glaubt inzwischen niemand mehr.

Neue Chancen nutzen?

Aber vielleicht ergibt sich auch eine weitere Chance durch die derzeitigen Gegebenheiten. Denn gerade jetzt merken erst viele deutlich, was sie an einer vernünftigen Gastronomie, die auf regionale Produkte und Zulieferer setzt, haben.

Anders als die vielerorts aus dem Boden sprießende Systemgastronomie ist sie nicht nur häufig qualitätsvoller und nachhaltiger, sondern zudem eine wirkliche Stütze der regionalen Wirtschaft. Zugleich trägt ein gutes Wirtshaus am Ort auch zur Sozialhygiene einiges bei: Schließlich ersetzt ein guter Wirt oder Kellner oftmals den Seelendoktor.

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