Die UNO fordert nun Regierungen dringend auf, die Zahl inhaftierter Personen rasch zu verringern. Die Auswirkungen des Corona-Virus in Haftanstalten und Anhalte-Zentren für Migranten können sonst verheerend sein.
Ein Beitrag von Kornelia Kirchweger
Man solle vor allem ältere Häftlinge oder Kranke und Straftäter mit geringem Rückfallrisiko freilassen. Auch politische Gefangene oder Menschen, die wegen abweichender Ansichten im Gefängnis sind. Denn das Virus schlage schon in Gefängnissen und Empfangszentren für Migranten zu, warnte die UNO-Menschenrechts-Chefin Michelle Bachelet am Mittwoch.
Umsetzung schon im Iran und Deutschland
Mehrere Länder haben das schon getan, merkte sie lobend an. So wurden erst kürzlich im deutschen Nordrhein-Westfalen 1000 Häftlinge freigelassen (Wochenblick berichtete). Im Iran wurden gar 85.000 Gefangene temporär entlassen. In Großbritannien werden ähnliche Maßnahmen gerade diskutiert.
In vielen Ländern seien die Haftanstalten überfüllt, in einigen Fällen in gefährlichem Ausmaß, was körperlichen Abstand und Selbstisolation unmöglich machen, gab Bachelet zu bedenken. Sie erinnerte zugleich an die geltenden UNO-Standard-Mindestvorschriften für die Behandlung von Gefangenen, in denen Maßnahmen zum Schutz Inhaftierter festgeschrieben sind.
Nicht zu streng sein
So müssen Besuchseinschränkungen in geschlossenen Einrichtungen transparent eingeführt und klar kommuniziert werden. Man solle Videokonferenzen, die mehr Telefonanrufe mit Familienmitgliedern ermöglichen und E-Mails zulassen. Es sei zwar wichtig, die vorgeschriebene, körperliche Distanz durchzusetzen. Sie sei aber besorgt, weil einige Länder bei Verstoß dagegen mit Gefängnisstrafen drohen. Dies könne die ernste Situation in Gefängnissen verschärfen und die Ausbreitung der Krankheit kaum stoppen. Inhaftierung sollte als letztes Mittel zur Anwendung kommen.
Das UNO- Menschenrechtsbüro und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden diese Woche ein vorläufiges Leitpapier herausgeben – COVID 19: Fokus auf Personen, denen die Freiheit entzogen ist. Es wird Maßnahmen für UNO-Organisationen, Regierungen, relevante Behörden nationale Menschenrechts-NGOs und die Zivilgesellschaft beinhalten.