Revolutionen und Revolten: Wenn der Bürger aufbegehrt

Das Recht geht vom Volk aus

Revolutionen und Revolten: Wenn der Bürger aufbegehrt

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Zu allen Zeiten kam es vor, dass der Bürger gegen die Herrschenden und deren Handeln nur noch einen Ausweg wusste  – ob beim Oberösterreichischen Bauernaufstand, im Revolutionsjahr 1848 oder jetzt bei den Demonstrationen gegen Corona –, um sich und seinen Anliegen Gehör zu verschaffen.

Ein Bericht von Matthias Hellner

„Ja, dürfen’s denn des?“, werden sich vermutlich derzeit die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz fragen. Das Wahlvolk begehrt auf, ungeheuerlich, es demonstriert gegen die Corona-Verordnungen der Regierung und zeigt auf einmal einen eigenen Willen …

Es will nicht mehr und fordert seine Freiheits- und Grundrechte sowie sein Recht auf umfassende und ausführliche Informationen ein. Ja, darf es das denn überhaupt geben?

„Ja dürfen’s denn des?“, soll auch Kaiser Ferdinand I. seinen Staatskanzler Metternich gefragt haben, als die Wiener Bevölkerung 1848 ihren Unmut ausdrückte und er feststellte: „Was mach’n denn all die viel’n Leut’ da? Die san so laut!“ Metternichs Antwort: „Die machen eine Revolution, Majestät.“

Für die Meinungsfreiheit

Ob sie es durften oder nicht, Kaiser Ferdinand I. musste abdanken und seinem Nachfolger Franz Joseph Platz machen. Dazumal entstand auch der Begriff des „Laternisierens“, als man den damaligen Kriegsminister Theodor Baillet de Latour an einer Laterne aufknüpfte.

Obwohl Franz Joseph zuerst dem Gottesgnadentum seines Herrschergeschlechts anhing, musste auch er die normative Kraft des Faktischen anerkennen und seine absolutistischen Herrschaftsbestrebungen dem Volkswillen „unterordnen“.

Nun sind den österreichischen Landen Aufstände der Bevölkerung nicht fremd.
Schon zuvor 1625 standen die oberösterreichischen Bauern gegen ihre Herren bzw. ihre Herrschaft auf. Gegenreformation, Verpfändung des Landes während des Dreißigjährigen Krieges an Bayern  – und damit verbunde Einquartierungen und erhöhte Abgaben – trieben die Bauern in den bewaffneten Aufstand.

Zwar scheiterte dieser, und die Bauern mussten sich 1627 geschlagen geben, allerdings hatten Elite-Regimenter wie die „Pappenheimer“ von der Front des Dreißigjährigen Krieges abgezogen werden müssen, um den Aufstand niederzuschlagen. Es war halt nicht so einfach mit den Untertanen …

Ja, darf er das noch, fragten sich die herrschenden Habsburger auch, als Andreas Hofer im „heiligen Land“ Tirol revoltierte und den Franzosen und Bayern eigenmächtig den Krieg erklärte, obwohl ja schon mehrmals der Friede vereinbart worden war.

Ein zu selbstständiger Wille der Bevölkerung war und ist natürlich nicht erwünscht. Er kommt ja der Regierung auch nicht zugute und ist zum Teil höchst unangenehm in seinen Folgen.

Voriges Jahr, 2019, wurde ein großes Jubiläum gefeiert: Der Volkswille hatte über die Unterdrückung gesiegt, der große Erfolg ward da – ÖVP-Außenminister Alois Mock konnte 1989 den Eisernen Vorhang durchschneiden. Alles war gut, der Eiserne Vorhang war gefallen. Aber nicht durch den Willen der „großen Politik“.

Protest wird diffamiert

Diese versuchte nur, das Beste aus den plötzlichen Geschehnissen zu machen: „Wir spielen ja eh mit und haben was zu sagen“. Über die österreichisch-ungarische Grenze konnten tausende „DDR“-Bürger die langersehnte Freiheit erreichen, die Politik hinkte hinterher. Der Ostblock zerbrach.

Eine Zäsur in Europa und für die ganze Welt; ohne blutigen Umsturz – bis auf Jugoslawien etc, – wurde das kommunistische Regime hinweggefegt. Auf Losungen wie: „Wir sind das Volk“ und „Wir wollen Freiheit“, konnte ein geriatrisches System wie in der „DDR“ nicht mehr angemessen reagieren.

Diese Geschehnisse sind mittlerweile ebenso Geschichte wie die Bauernaufstände, der Aufstand Andreas Hofers in Tirol, die Revolution von 1848 oder der besagte Zerfall des Ostblocks und der Fall der Berliner Mauer.

Sie sind zwar Geschichte, aber noch lange nicht ad acta gelegt. Was damals als Zeichen der Freiheit galt, ist nun vereinnahmt worden. „Wir sind das Volk“, gilt als „rechte“ Losung, nur weil sie kritisch gegen die Regierung ausgelegt werden könnte.

So wurden und werden Bürgerproteste von der (System)presse diffamiert – seien es die Pegida-Demonstrationen in Sachsen oder nun die bundesweiten Demonstrationen gegen die Corona-Verordnungen.

Damals galt es als gerechtfertigter Protest, weil „DDR“-Bürger nach 40 Jahren „Arbeiter- und Bauernstaat“ Einschränkungen, nicht mehr hinnehmen wollten und zumindest Reisefreiheit forderten – die heute unter dem Applaus vieler wieder abgeschafft und eingeschränkt wird.

Das System versagt

Dabei wird es aber immer schwerer werden, die Proteste zu kriminalisieren. Gelang es bei Pegida oder den Protesten gegen die Massenzuwanderung während der „Flüchtlingskrise“ noch, diese als vereinzeltes Phänomen „Rechtsextremer“, „Wutbürger“ und „Spinner“ zu diffamieren und die Politik von Kanzlerin Merkel und der Regierung während der Flüchtlingskrise 2015 als „alternativlos“ darzustellen, dürfte dieses Instrument allmählich stumpf werden.

Aufgrund der Breite der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen in Deutschland greift die Vokabel vom „rechten Mob“ nicht mehr, nehmen doch viele Bürger daran teil, die sich nie selbst als „rechts“ bezeichnen würden und nur ihren berechtigten Sorgen und Forderungen Ausdruck verleihen möchten.

Und vielleicht wird einigen davon auch klar, dass die „bösen Rechten“, über die sie sonst nur lesen oder im Fernsehen erfahren, ja eigentlich sie selbst sind. Brave steuerzahlende Bürger, deren friedlicher Protest kriminalisiert wird – wobei es sich sonst – obwohl Autos brennen und Polizisten verletzt werden – nur um Taten von sogenannten „Aktivisten“ handeln soll.

Im Gegensatz zum Normalbürger sind diese vermutlich linksextremen „Kriminellen“ jedoch staatlich bestens alimentiert und abgesichert. Aber vielleicht wacht der Bürger allmählich auf und erkennt, dass es nicht dem Politiker oder Herrscher, sondern ihm selbst, dem Bürger und Wähler, letztlich zusteht – zumindest in einer Demokratie – die Frage zu stellen: „Ja, dürfen’s denn des?“

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