Das von der Corona-Krise besonders schwer getroffene Bundesland Tirol macht jetzt ernst. Bereits seit Mitternacht befinden sich sämtliche Gemeinden unter Quarantäne.
Die Entscheidung zu diesem drastischen Schritt dürfte erst spät am Mittwochabend befallen sein. Kurz vor 22 Uhr ging Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) mit der Maßnahme an die Öffentlichkeit, dass das gesamte Bundesland unter Quarantäne stehen soll. Die Maßnahmen gelten vorerst bis 2. April, die Polizei überprüft die Einhaltung.
Tirol: Nur in Ausnahmefällen über die Gemeindegrenze
Nicht zuletzt, weil der Skiort Ischgl zu Europas Viren-Drehkreuz wurde – Wochenblick berichtete über mögliches Behördenversagen – war das Bundesland schon zuvor der Corona-Hotspot in Österreich. Nach dem Prinzip ‘besser spät als nie’ verschärfte die schwarz-grüne Landesregierung die bereits geltenden Maßnahmen erneut. Ab sofort dürfen alle Tiroler ihre Heimatgemeinden nicht mehr verlassen. Zuvor waren nur die am stärksten betroffenen Gemeinden im Paznauntal und am Arlberg unter Quarantäne.
Ausnahmen zu dieser Regelung gelten nur für den Weg zur Arbeitsstätte sowie zur Grundversorgung, falls diese im Ort nicht vorhanden ist. Auch Spaziergäng müssen ab sofort an der Gemeindegrenze enden. Dieser Umstand gilt wohl auch dann, wenn Orte wie Innsbruck und Rum oder Hall und Absam zusammengewachsen sind. Der 1-Meter-Bann gilt ab sofort auch für Öffis, ist dieser Abstand nicht möglich, ist der Zustieg verboten. Platter bittet um Verständnis, es falle nicht leicht, die “freiheitsliebenden Tiroler” zum Daheimbleiben animieren zu müssen.

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Strenge Maßnahmen sorgen für offene Fragen
Aufgrund der nie dagewesenen Schärfe der Maßnahmen sorgten diese noch am späten Abend für einige Verwirrung in sozialen Medien. So thematisierte etwa FPÖ-Landesobmann Markus Abwerzger die Frage nach Betreuungspflichten, etwa für Scheidungskinder, über Gemeindegrenzen hinweg.
Alles was gut und recht ist @unserlandtirol. Was macht jemand, der seine Eltern in einer anderen Gemeinde betreuen muss? Was mach ein Vater, der seine Kinder (Scheidung) in einer anderen Gemeinde abholen muss? Ist das erlaubt? #intirol #coronavirus
— Markus Abwerzger (@abwerzger) March 18, 2020
Blaue Kritik an Platter-Informationspolitik
Wenig später stellte sich heraus, dass dies immerhin erlaubt sei. Kritik fand der blaue Landeschef dennoch an der Informationspolitik von Landeshauptmann Günther Platter. Denn bei einem Treffen der Klubobleute nur wenige Stunden zuvor sei von einer generellen Quarantäne für alle Gemeinden gar keine Rede gewesen. Dies sei “kein guter Stil”, Platter dürfe sich über Kritik in der Folge nicht wundern.
Bis 20 Uhr hatten wir #intirol einen Klubobleuterat per Videokonferenz mit LH Platter. Kein Wort von e Quarantäne sämtlicher Gemeinden. Das ist kein guter Stil. Aber groß d Schulterschluss propagieren. Da kann er sich über Kritik aber dann auch nicht mehr aufregen. #coronavirus
— Markus Abwerzger (@abwerzger) March 18, 2020
Wirksamkeit der neuen Maßnahmen bezweifelt
Die neuerlich verschärften Maßnahmen stoßen bei Teilen der Bevölkerung auf Verständnis, bei anderen auf Ablehnung. Unklarheiten gibt es zu dem zur Frage der Notwendigkeit. Manche, wie etwa der Wiener Arzt und ehemalige Nationalratsabgeordnete Marcus Franz, hinterfragen nun die Wirksamkeit des plötzlichen Kurswechsels.
Tirol: Um das, was sie zuerst zu wenig getan haben, machen sie jetzt zu viel. Eigentlich eine totale KopfTisch-Partie.
— Marcus Franz (@M_T_Franz) March 19, 2020