Aufgrund äußerst widersprüchlicher und wenig weitsichtiger Kommunikation entfällt für viele Menschen in der bayerisch-österreichischen Grenzregion der Besuch zum Muttertag…
Kommentar von Alfons Kluibenschädl
Ich musste die Herzallerliebste die letzten Tage immer wieder trösten. Mittlerweile leben wir nur eine gute halbe Autostunde von ihren Eltern entfernt, dazwischen befindet sich der Inn. Seit acht Wochen ist der Besuch auf deren Hof trotz natürlicher sozialer Distanz – der nächste Nachbar wohnt einen Kilometer entfernt – unmöglich. Denn während man hüben problemlos Erntehelfer und drüben problemlos Migranten importieren kann, war die Grenze für so “untriftige Gründe” wie den Verwandtenbesuch gesperrt.
Bayern & OÖ: Wirbel um einseitige Besuchserlaubnis
Fast wie Balsam auf der Seele fühlte sich daher an, als plötzlich sowohl in Bayern als auch in Österreich von einer temporären Lockerung des Kontrollen für den Muttertag die Rede war. Aber die Freude verflog schnell, denn es stellte sich heraus: Nur Reisen von Bayern nach Österreich waren möglich – nicht in die umgekehrte Richtung. Die Krone brachte diesen Umstand übrigens erst im letzten Satz eines Jubel-Artikels. Und es folgte ein Hin-und-Her, das einer modernen Kommunikationspolitik nicht würdig ist.
Denn auf der einen Seite rühmten sich Politiker in einigen Städten und Bezirken damit, dass sie sich für eine bilaterale Lösung eingesetzt hätten. Sogar offizielle Korrespondenz des Landes Oberösterreich sagte, man könne kurze Familienbesuche machen. Tatsächlich berichteten aber unzählige Menschen auf Facebook, dass die Beamten sie beim Versuch gar nicht erst drüber ließen oder sie vor zweiwöchiger Quarantäne bei Rückkehr warnten. Böse Zungen zufolge wollte man den Innviertlern nur zeigen, wie sich die DDR anfühlte…
Freigabe kommt reichlich spät – für viele zu spät
Erst am Sonntag gab dann das deutsche Innenministerium offenbar grünes Licht – also am Muttertag selbst. Und rühmte sich, wie ein Artikel des Münchener Merkur anklingen lässt, mit dieser gutherzigen Tat. Der Teil, dass der Muttertagstermin am zweiten Mai-Sonntag nicht erst seit vorgestern feststeht, wird in der weitgehend gleichgeschalteten Medienlandschaft des Jahres 2020 freilich ausgespart.
Für mich kommt das sowieso zu spät, denn obwohl meine Mutter kurzfristig doch in Tirol weilt, gibt es zweierlei Hindernis. Auf der einen Seite hieß die späte Bekanntgabe, dass ich bis heute Morgen damit rechnen musste anstatt übers ‘deutsche Eck’ bei etwa zwei Stunden Zeitverlust über das Salzburger Innergebirg zu reisen. Außerdem befindet sich meine liebe Mama in Heimquarantäne, weil ihr negativer Corona-Test bei der eigenen Einreise ein paar lächerliche Tage zu alt war.
Vielen mussten ihre Muttertag-Besuche längst absagen
Wie viele andere Leute trotz der späten Erlaubnis ihren Besuch bei ihrer Mama oder Oma schon abgesagt hatten – darüber will man gar nicht mutmaßen. Manche werden es nach der Zurückweisung am Samstag, weiterer Unklarheiten oder Furcht vor ellenlangem Stau gar nicht probieren und müssen oft erstmals einen Muttertag ohne Mama erleben. Einem Mann wurde sogar die Einreise aus der Schweiz untersagt – und zwar, weil er, im Gegensatz zu Frau und Kindern, kein Blutsverwandter der Schwiegereltern ist…

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Andere wissen freilich schon länger, dass sie ihre Eltern nicht besuchen können. In vielen Fällen vielleicht auch, weil die sehr knappe Lockerung des Besuchsverbotes in Altersheimen nicht besonders medienwirksam dargelegt wurde. Oder weil man einer dementen alten Frau nicht erklären will, weshalb man nur mit einem Meter Abstand, durch Plexiglas und ohne Umarmung sprechen darf. Salopp gesagt ist das zwar “besser als in die hohle Hand geschissen”, aber menschenwürdig ist auch etwas anderes.
Pünktlich zum Zuckerfest wird sich alles klären
So sicher wie das Amen im Gebet ist also wahrscheinlich bloß, dass die Bundesregierung uns in einigen Tagen darüber aufklären wird, dass Besuch zum Muttertag ja immer erlaubt war, egal ob sich eine Grenze dazwischen befindet. Unkritische, mit Förderungen überhäufte Jubelmedien werden dies dann auch kritiklos in die Welt posaunen, damit alle Bürger wissen, mit welch überbordender Menschlichkeit Kurz, Anschober & Co. agierten.
Dafür wäre die ganze Sache dann ein und alle Mal geklärt – und pünktlich zum Zuckerfest der Muslime in zwei Wochen weiß man, was ein “triftiger Grund” ist und dass die Beamten an der Grenze nicht mehr päpstlicher als der Papst sein müssen. Genauso wie bei Ostern kommt das ganze dann halt für die einheimische Mehrheitsbevölkerung und den Muttertag zu spät. Und für unsere Wirte, die erst am Freitag aufsperren dürfen, auch.