Zombifizierung: Weniger Pleiten heißt nicht gute Wirtschaftslage

Niedrige Insolvenzzahlen in Österreich

Zombifizierung: Weniger Pleiten heißt nicht gute Wirtschaftslage

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Im Jahr 2020 gab es in Österreich viel weniger Insolvenzen als in den Vorjahren. Der Rückgang bedeutet aber nicht, dass es der Wirtschaft gut geht, sagen Beobachter.

Zahlen der Wirtschaftsinformationsdiensts Creditreform besorgen: Nirgendwo in Westeuropa war der Rückgang der Insolvenzen größer als in Österreich. Im vergangenen Jahr sank die Zahl der Pleiten um 40,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt standen 3106 Firmen vor dem Aus – in den Vorjahren waren es aber immer über 5000 gewesen. Schwer vorstellbar, dass die Unternehmen ausgerechnet im Lockdown besser dastehen sollen. Es dürfte wohl eher ein massiver Insolvenzstau vorliegen.

Insolvenzantragspflicht augesetzt

Die Creditreform schreibt dazu: “In Österreich wurde angesichts der dramatischen Verschlechterung der konjunkturellen Lage infolge der Corona-Eindämmungsmaßnahmen die Insolvenzantragspflicht aufgehoben. Das dürfte für den Rückgang der Insolvenzzahlen mitverantwortlich sein. Auch die geplante Verringerung des Entschuldungszeitraums dürfte dazu geführt haben, dass Insolvenzen ausblieben.”

Eine Besserung ist vorerst nicht in Sicht. Auch in diesem Jahr bleiben Insolvenzen aus. Von Januar bis März gingen nur sehr wenige Unternehmen aus Österreich bankrott. Statistik Austria zählte 484 Insolvenzen – das waren mehr als die Hälfte weniger als im Vorjahreszeitraum. Betroffen waren vor allem Unternehmen aus dem Bau (134), aus dem Bereich Finanzdienstleistungen und sonstigen Dienstleistungen (105) und aus dem Handel (78).

Unternehmen künstlich am Leben erhalten

Die Unternehmensberatung Bisnode Dun & Bradstreet Austria warnt, der Rückgang bedeute nicht, dass es der Wirtschaft gut gehe. Er sei eine Folge der Milliardenbeträge, die der Staat in die Wirtschaft gepumpt habe. Viele Konkurse würden dadurch nicht verhindert, sondern in die Zukunft verschoben. “Dies betrifft insbesondere die “Zombie”-Unternehmen, die bei einem normalen Geschäftsverlauf eigentlich bereits hätten aufgeben müssen, nun aber durch Zuschüsse und Sonderregelungen weiterhin künstlich am Leben erhalten werden”, schreibt das Unternehmen.

Der Insolvenzstau könnte sich etwa entladen, wenn die EZB die Zinsen erhöht. Dann dürften auch die Kreditzinsen für Unternehmen steigen, was schwächere Firmen in Finanzprobleme stürzen würde. Derzeit ist der Leitzins schon extrem niedrig bei 0 Prozent. Die Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung ist vom 1. März 2020 bis zum 30. Juni 2021 ausgesetzt, erklärt die Wirtschaftskammer Österreich. Nur bei Zahlungsunfähigkeit müssen Unternehmer Insolvenz anmelden. Überschuldung heißt dabei, dass die Schulden des Unternehmens größer sind als die Vermögenswerte. Zahlungsunfähigkeit bedeutet dagegen, dass “der Schuldner fällige Schulden in
angemessener Frist nicht erfüllen kann”, heißt es auf der Internetseite.

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