Ausgekocht hat es sich vorerst für die fast schon 102-jährige Frieda Stranzinger vom Innviertler Wirtshaus „Zur Kaiserlinde“ in Polling. Denn seit ihrem Arbeitsunfall vor vier Wochen in der Küche, bei dem sie sich den Oberarm brach, ist sie nun erstmals seit langem zur Untätigkeit gezwungen.
Ein Beitrag von Kurt Guggenbichler
Sogar die filmische Hommage über ihr Wirken in ihrem bekannten und beliebten Traditionsgasthaus, die der Privatfernsehsender ServusTV am vergangenen Freitag ausgestrahlt hat, musste die angeschlagene Köchin und Gastwirtin vom Krankenlager aus mitverfolgen. Schon bei meinem Besuch am Tag davor hatte Frieda müde gewirkt.
Mama brauche jetzt viel Ruhe, betonte ihre nunmehr auch schon 70jährige Tochter und Juniorchefin. Auf Friedas legendären Kalbsbraten werden die Stammgäste somit eine Weile verzichten müssen.
Einzelkämpfer
Fraglich scheint auch zu sein, ob die Seniorchefin je wieder an den Herd zurückkehren wird. Denn zu allem Überfluss habe nun auch noch die Köchin gekündigt, sodass die beiden Damen in Zukunft auf sich allein gestellt sind. Wie sie das alles künftig bewältigen sollen, weiß die Tochter nicht.
Daher gibt es seit 1. April geänderte und reduzierte Öffnungszeiten. Sind die Tage des Gasthauses „Zur Kaiserlinde“ nun gezählt? So lange es geht, wollen die zwei Frauen das Wirtshaus weiterbetreiben, aber irgendwann ist sicher einmal Schluss, sinniert die Tochter zwischen Tür und Angel, denn einen familiären Übernehmer gebe es nicht.
Der war auch Ende der 1940er-Jahre nicht in Sicht, als Friedas Schwiegereltern, die damaligen Besitzer des Wirtshauses aufhörten und einen Nachfolger für die Gaststätte suchten.
Deren Sohn, Friedas Gemahl, ein Lehrer, wollte das Gasthaus nämlich nicht. Doch da die Zeiten schlecht waren, überredete ihn Frieda schließlich mit dem Argument zur Übernahme, dass sie dann wenigstens immer was zu Essen hätten.
Flott unterwegs
Also beschloss man es zu versuchen. „Fortan unterrichtete er tagsüber in Altheim Schulkinder und ab dem Nachmittag half er mir im Wirtshaus“, erzählte mir Frieda schon bei einem meiner früheren Besuche.
Damals war ihr Mann bereits acht Jahre unter der Erde. Mit seinem Tod ist dann auch die Tochter ins Geschäft gekommen, die dafür einen gutbezahlten Job als Chefsekretärin aufgegeben hat.
Seither verwöhnen die beiden fleißigen Damen ihre Gäste, wobei sich Frieda hauptsächlich um die Speisenzubereitung kümmerte. Bis zu ihrem Unfall flitzte die 101-Jährige auch noch munter zwischen ihren Töpfen herum und ihre Fitness, das machte auch der ServusTV-Beitrag deutlich, ist bewundernswert.
Um arbeiten zu können, was Frieda prinzipiell gern tut, benötigt sie weder Brille noch Medikamente und auch auf die Stöckelschuhe verzichtet die betagte Junggebliebene im Gasthaus nicht.
Verwechslung
Auf ihre Kücheneinsätze hatte sich Frieda immer akribisch vorbereitet, weshalb ihr bislang auch kaum größere Fehler unterlaufen sind, wie die Tochter schwärmt. Dennoch, so beichtete mir die Mutter schon beizeiten, sei ihr einmal ein peinliches Malheur bei der Apfelstrudelzubereitung passiert, weil sie versehentlich Salz statt Zucker verwendete.
„Dieser Strudel war natürlich nicht zu essen“, sagte Frieda Stranzinger und lachte. Als sie mir davon berichtete, war sie erst 85 und es sah nicht so aus, als würde sie sich demnächst zur Ruhe setzen wollen.
Daher fragte ich sie, was sie sich noch von der Zukunft erhofft? Gesund bleiben, solange es geht, antwortete sie und dies dürfte vermutlich auch heute noch ihr größter Wunsch sein.