„Das alpine Wegenetz steht nicht mit der Selbstverständlichkeit für die Allgemeinheit zur Verfügung, in der es oft wahrgenommen wird“, schreibt Peter Kapelari, Leiter der Alpenvereins-Abteilung Hütten & Wege. Hinter den Markierungen, Beschilderungen, Seilen und vielem mehr stecken nämlich unzählige Arbeitsstunden Ehrenamtlicher, die ihre Zeit und Kraft für unser Bergvergnügen geben.
Eine Reportage von Elsa Mittmannsgruber
Leidenschaftlicher Bergfex
Einer davon ist Hubert Eggner, 66 Jahre jung und leidenschaftlicher Bergfex. Bereits seit zwanzig Jahren kümmert er sich als Wegewart des Alpenvereins um die Beschaffenheit unserer Wanderpfade. Die Wege des Alpenvereins sind gebietsweise unter den Ehrenamtlichen aufgeteilt und einmal im Jahr wird jeder Weg vom Zuständigen geprüft. Stehen die Schilder noch? Sind die Steighilfen fest und die Markierungen sichtbar?
Damit sich der „Wochenblick“ ein Bild von dieser wertvollen Arbeit machen kann, nahm uns Hubert Eggner mit auf das 2.388 Meter hohe Warscheneck in der Pyhrn-Priel-Region. Zusammen mit seinen Alpenvereins-Kollegen Herbert Ramesberger und Karl Pointner begutachteten wir mit brennenden Wadeln den Südostgrad bis zum Gipfel, wo wir mit einer atemberaubenden Rundumsicht und einer Wurstsemmel von Hubert belohnt wurden.
Pinselstrich um Pinselstrich
Belohnt für unsere Sportlichkeit oder unsere Geduld? Vielleicht ein bisschen von beidem. Denn einfach rauf marschieren geht mit Wegewarten als Begleiter nicht. Sie wandern mit schwerem Gepäck: von Bohrer, Hammer, Schrauben bis hin zu Pinseln und Farbeimern wird alles von der dreiköpfigen Gruppe in die Höhe getragen. Gewissenhaft werden die zahlreichen rot-weiß-roten Markierungen auf den Felsen nachgestrichen.
Sie müssen so dicht beieinander sein, dass man auch bei Nebel die jeweils nächste Markierung erblicken kann. Und auch die Trittstifte, Haltegriffe und Seile müssen kontrolliert und fallweise nachgebessert werden. Liegt ein einzelner Stolperstein am Weg, wird auch der zur Seite geschafft. Schließlich sollen keine unnötigen Gefahren lauern, denn viel zu oft machen Wanderer den Alpenverein für ihr Ungeschick verantwortlich.
Mit dem Weg auch die Haftung
In den letzten 150 Jahren erschloss der Österreichische Alpenverein 26.000 km Wege, die heute von den Ehrenamtlichen gepflegt werden. Sie waren früher Steige für Jäger, Förster, Schmuggler, Almbewohner, Siedler oder extra angelegte Freizeitwege.
Neue Pfade werden kaum mehr gesucht, denn mit dem heutigen Wegenetz und den rund 430 Hütten hat der Verein bereits alle Hände voll zu tun. „Ich wäre ja dafür, dass wir die Wege wieder mehr zurückbauen. Weniger Eisen im Felsen und so fort. Denn wenn sich einer nicht rüber traut, muss er umkehren. Wir müssen die Menschen heute wieder mehr zur Selbstverantwortung bringen. Ich kann nicht ständig andere verantwortlich machen, weil mir der Weg nicht passt oder ich gestolpert bin“, schildert Hubert Eggner.
Mit Flip-Flops und Trolleys auf den Berg
Denn immer wieder müssen die engagierten Juristen des Alpenvereins Anzeigen von Wanderern abfedern. In den meisten Fällen aber gewinnt der Verein, der sich schützend vor die Ehrenamtlichen stellt, da die Kläger schlichtweg selbst schuld an ihrem Missgeschick sind. „Ich sehe immer wieder Menschen, die mit Flip-Flops auf den Berg gehen, völlig unausgerüstet und unvorbereitet. Einmal sind mir sogar Hamburger mit ihren Trolleys begegnet“, ist Hubert Eggner verärgert.
Ebenso beklagt er, die Unwissenheit vieler Berggeher: „Viele können keine Karten lesen und sind ohne Handy aufgeschmissen. Außerdem haben die Leute kaum mehr Gefühl oder Respekt vor der Natur. Sie wissen beispielsweise nicht, wie sie sich in verschiedenen Wettersituationen verhalten sollen. Zum Beispiel gehe ich beim Skitourengehen nicht erst Mittag weg, wenn es heiß ist, da da leichter Schneebretter abgehen können“, erklärt der erfahrene Alpinist und prangert zugleich die steigende Unsicherheit der Menschen an.
Mangel an Wissen und Mut
„Die Leute sind viel ängstlicher geworden. Die, die Bewegung am dringendsten brauchen würden, haben die meisten Ausreden. Eine Wolke am Himmel und schon wird umgedreht. Sicher kann ein Wetterumschwung kommen oder dich ein Steinschlag erwischen, aber Berggehen ist grundsätzlich nicht gefährlich. Die Voraussetzung ist, dass man sich richtig vorbereitet, ausrüstet, in Übung bleibt und sich nicht überschätzt“, weiß Hubert Eggner.
„Ich hab’ mich mit 17 schon auf die hohen Berge getraut, weil es mir was gegeben hat. An der Natur ist mir immer was gelegen“, schwärmt der 66-Jährige. Deshalb engagiert er sich mit Freuden beim Alpenverein und kann dabei seine Liebe zu den Bergen ausleben, die er gerne mit anderen teilt. „Das Wegewarten ist immer wieder eine Schinderei, aber ich tue es, dass ich fit bleibe und weil es mir besonders wichtig ist, die Wege zu erhalten.
Die Leute sollen wieder in die Natur. Nicht vorm Fernseher oder Computer sitzen, sondern auf in die Berge!“, animiert Hubert Eggner und fügt hinzu: „Umso weiter du raufgehst, umso zufriedener und ruhiger wirst du.“ Manchmal fragen ihn Bergbegleiter „Warum gehen wir da eigentlich rauf?“. Mit einem Augenzwinkern antwortet Hubert erfrischend einfach: „Was täten wir denn sonst den ganzen Tag?“.
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