Mittelalterliche Schlichtheit und neogotische Prachtentfaltung

Linzer Stadtspaziergänge mit dem Kunsthistoriker Dr. Siegfried Pichl

Mittelalterliche Schlichtheit und neogotische Prachtentfaltung

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Größer könnte der Gegensatz gar nicht sein als zwischen dem kleinen Kirchlein auf dem Römerberg und dem mächtigen Dom im Herzen der Stadt.

Ein Gastbeitrag von Dr. Siegfried Pichl

Die Baugenese der Martinskirche ist eine lange: Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 799, was auf einen ursprünglich karolingischen Sakralbau an dieser Stelle schließen lässt.

Älteste Kirche Österreichs

Dies hat dem Martinskirchlein auch den Titel der „ältesten Kirche Österreichs” eingetragen. Eine nicht unumstrittene Bezeichnung, da die heute noch erhaltene Kirche nach neuesten Expertisen auf einen Zentralbau aus dem 10. Jahrhundert zurückgeht.

Dieser wurde in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts archäologisch ergraben und war deutlich größer als der heute noch bestehende romanisch-gotische Bau. Pfeiler der alten Anlage sind im Mauerwerk des romanischen Langhauses noch erhalten. Erst aus der Zeit des Spätmittelalters (15. Jahrhundert) datiert die Apsis, wie auch an den gotischen Maßwerk-Fenstern deutlich zu erkennen. Aus dieser Zeit sind im Kircheninneren auch noch Reste von Fresken zu sehen.

Größte Grundfläche unter Österreichs Kirchen

Unbestritten ist, dass der Linzer Mariä-Empfängnis-Dom unter Österreichs Kirchen die größte Grundfläche aufweist, nämlich über 5.000 m² (zum Vergleich: die Grundfläche des Stephansdoms in Wien beträgt 3.500 m2)! Als ehrgeiziges Projekt Bischof Rudigiers wurde der Bau im Jahr 1862 begonnen, die endgültige Fertigstellung erfolgte erst im Jahr 1924, nachdem der Erste Weltkrieg die Bauarbeiten verzögert hatte. Der Neue Dom, wie die Linzer ihn nennen, kann als Musterbeispiel eines neogotischen Kirchenbaus angesehen werden, die Vorbilder sind in der französischen Kathedralgotik zu suchen.

Der Raumeindruck des riesigen Kirchenschiffes wird auch von den farbigen, kunstvoll gestalteten Glasfenstern bestimmt, die den Raum in ein fast mystisches Licht tauchen. Der hochaufragende Kirchturm wurde mit knapp 135 Metern Höhe bewusst etwas niedriger gehalten als der Turm von St. Stephan in Wien.
Der Initiator des Baus, Bischof Franz Joseph Rudigier, fand seine letzte Ruhestätte in der Krypta des Doms, die Tumba (also der künstlerisch gestaltete, nur der Erinnerung dienende Sarkophag) befindet sich in einer der Chorkapellen.

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