Die beiden öffentlich-rechtlichen deutschen Sendeanstalten ARD und ZDF kündigten am Montag an, künftig noch enger kooperieren zu wollen. Als erstes sollen die Mediatheken der beiden Rundfunkanstalten schrittweise zusammengelegt werden. ARD und ZDF reagieren damit auf den zunehmenden Erfolg anderer Streaminganbieter wie Netflix und Amazon Prime.
- Fernziel: Fusion beider Mediatheken
- Erster Schritt: Verzahnung der Inhalte, Angebote schrankenlos präsentiert
- Reaktion auf Kostendruck und mangelnde Attraktivität
- Intendanten lehnen Fusion der Sender ab
- Lineares Fernsehen verliert Zuschauer
- Rundfunkrebell Georg Thiel: ein PR-Desaster für ARD und ZDF
Von Achim Baumann
Der Intendant des Westdeutschen Rundfunks (WDR) und aktuelle ARD-Vorsitzende, Tom Buhrow, hatte es im März schon angekündigt. Er sehe im Jahr 2030 nur eine einzige gemeinsame Mediathek von ARD und ZDF. Nun werden die ersten Schritte eingeleitet. Noch soll die Eigenständigkeit beider Mediatheken zwar gewahrt bleiben. Man werde die Inhalte beider Angebote aber „weitgehend schrankenlos“ verfügbar machen, heißt es. Wie man es von Streaminganbietern kennt, werden ähnliche Inhalte als Fernseh-Tipp angezeigt, nun allerdings aus beiden Mediatheken zusammengestellt. Die Integration der jeweils anderen Inhalte in den Mediatheken soll ab sofort starten.
Dennoch keine Fusion geplant
Die Intendanten von ARD und ZDF, Buhrow und Thomas Bellut, betonten darüber hinaus jedoch, dass diese Kooperation nicht als Signal für eine Fusion beider Sendeanstalten gewertet werden dürfe. Genau das wird von Kritikern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aber seit längerem gefordert. Die Alternative für Deutschland (AfD) beispielsweise tritt bereits seit geraumer Zeit für eine starke Reduzierung der Aktivitäten von ARD und ZDF ein. „Der Abbau von Doppelstrukturen ist zu begrüßen, kann aber nur ein erster Schritt in Richtung einer echten Strukturreform sein. Die AfD setzt sich daher für ein Grundfunkmodell und die Abschaffung der Rundfunkbeiträge ein. Es reicht völlig aus, eine einzige Sendeanstalt mit allenfalls regionalen Untersendern zu betreiben“, bewertet der medienpolitische Sprecher des AfD-Parteivorstands Joachim Paul gegenüber dem Wochenblick die geplante Fusion der Mediatheken als nicht ansatzweise zufriedenstellend.
Pensionskasse mit angeschlossenem Sendebetrieb?
Im Jahr 2019 lagen die Einnahmen aus den Rundfunkgebühren bei mehr als acht Milliarden Euro, das ZDF erhielt daraus etwas mehr als zwei Milliarden Euro. Die ARD ist im Ranking der größten deutschen Medienkonzerne auf Platz zwei, das ZDF rangiert auf dem siebten Platz. Dabei lagen die durchschnittlichen Zuschauer-Marktanteile im Jahr 2020 bei lediglich 13,6 Prozent (ZDF) und 11,3 Prozent (ARD). Was die Marktanteile nicht verraten: Nur noch 54 Prozent des Fernsehpublikums sieht klassisches Fernsehen – und der Trend zum Streaming nimmt weiter zu. Über ein Drittel der Sehzeit verbringen Deutsche mittlerweile mit Netflix und Co. Kritisiert wird aber nicht nur der weltweit höchste Rundfunkbeitrag von monatlich 17,50 Euro, sondern die staatsnahe inhaltliche Ausrichtung der zahlreichen Sender und die sehr hohen Gehälter. Diese führen dazu, dass etwa 40 bis 50 Prozent der Rundfunkgebühren für Pensionsleistungen aufgewandt werden müssen.
PR-Desaster Georg Thiel
Warum gerade jetzt die beiden Intendanten an die Presse herantraten und die aus Sicht ihrer Kritiker eher magere Entscheidung der Verzahnung der Mediatheken verkünden, mag auch mit dem Fall Georg Thiel und der zunehmenden Solidarität mit diesem zu tun haben. Der Zahlungsverweigerer des Rundfunkbeitrages sitzt in Erzwingungshaft, weil er der Auffassung ist, für nichts zahlen zu müssen, was er – mangels TV und Radiogerät – nicht nutzt (Wochenblick berichtete). Der WDR möchte nicht einlenken, könnte die Erzwingungshaft aufheben lassen. Wegen 651 Euro sitzt der 54-Jährige seit rund vier Monaten im Gefängnis. Das Schicksal des Rundfunk-Rebells, so die zahlreichen Kommentare in den bekannten Foren und auf Zeitungsseiten, geht zahlreichen Bürgern nahe. Der Fall Georg Thiel gerät langsam zum PR-Desaster für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – schlechte Zeiten für Tom Buhrow und Thomas Bellut.
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