„Für mich ist das hier purer Luxus“, sagt die Winzerin Irene Wurm und blickt über ihre Wein-Anbaufläche bei St. Florian hinunter. Etwas weiter dahinter liegt Enns.
Ein Bericht von Georg M. Hofbauer
Sie haben richtig gelesen: Weinanbau in Oberösterreich ist nichts Exotisches mehr, zumal es auch eine immer größere Nachfrage nach Weinen aus unserm Bundesland gibt, die auch qualitativ recht passabel sind.
Interesse an Oberösterreichs Weinen steigt rasant an
Beim hartnäckigen Nachfragen kommt zutage, welche Art von Luxus die 34-jährige Winzerin meint: „Wir haben einen guten Boden, was eine Voraussetzung dafür ist, um hohe Weinqualität erzeugen zu können.
Außerdem sind wir der Natur nahe und leben in Abgeschiedenheit, wo wir unsere Arbeitsmaschinen problemlos auch an Sonntagen verwenden können.“ Ebenfalls zum Luxusgefühl von Irene Wurm gehört das sehr frühe Aufstehen, eine 66-Stunden-Arbeitswoche plus einem sonntäglichen Bürotag – als Höhepunkt sozusagen.
Auf Umwegen zum Wein
Die Karriere der Frau Magister war ursprünglich ganz anders angelegt: Sie hat Betriebswirtschaftslehre und Kunstgeschichte studiert, später in Wien, Innsbruck, Kopenhagen und Kapstadt gearbeitet. In der Werbebranche.
Bis sie vor fünf Jahren der Ruf vom elterlichen Hof ereilte, das breit aufgestellte Unternehmen zu übernehmen. Für Fruchtsäfte, Most und Schnäpse, besonders Schaumwein aus der Birne, war das Anwesen, dessen erste Erwähnungen aus dem Jahr 1324 stammen, bereits bekannt.
Echter Familienbetrieb
Das mit dem Wein, das war anfangs eher ein Hobby von ihrem Papa Franz Wurm. Mittlerweile sind alle in die Weinherstellung eingespannt wie auch Mama Christa und Irenes Schwester Barbara. „Papa wollte beweisen, dass wir gute Sorten herstellen können“, sagt Irene. Inzwischen wird der Gelbe Muskateller und Sauvigon der Wurms bei Blindverkostungen gern in der Südsteiermark verortet.
Aber auch wenn Wein aus Oberösterreich nicht mehr so ganz exotisch ist wie noch vor Jahren, so ist er trotzdem noch eine Kuriosität. Irene Wurm will sich keineswegs mit Wachauer Winzern vergleichen: „Wir wissen, wo unsere Grenzen sind, und wir sind sehr, sehr klein mit unserem Hektar Weinanbaufläche.“
„Learning by doing“
Dennoch sind die edlen Tropfen auch von der kleinen Anbaufläche der Wurms sowohl von Privatleuten als auch von der Gastronomie sehr begehrt, und zwar so sehr, dass nicht einmal mehr ein einziger Tropfen für eine Verkostung zur Verfügung steht. Was auch kein Wunder ist, bei einer Erntemenge von 800 Liter 2015 und „dank“ Frühjahrsfrost einem herben Einbruch auf eine Miniatur-Menge von 200 Liter im vergangenen Jahr.
Dieses Jahr soll es wieder bergauf gehen. Und zwar deutlich: Es werden 3.000 Liter erwartet. Vorausgesetzt, das Weingut bleibt von Hagelschlägen verschont. Und für 2018 ist eine Ausweitung um weitere 0,5 Hektar Wein-Anbaufläche vorgesehen. „Die Flächen in Oberösterreich werden streng reglementiert, um ein Überangebot oder einen Preisverfall zu verhindern“, erklärt die Winzerin.
Und wie war der Umstieg von der studierten Werbedame zur Winzerin? Anfangs war es ein reines „Learning by doing“, erläutert sie, dazu kamen Kurse in Klosterneuburg. Auch die Landwirtschaftliche Facharbeiterlehre musste sie nachholen, um den Hof übernehmen zu können. „Inzwischen sind durch die harte Arbeit schon ganz andere Muskelpartien ausgeprägt, als in meiner Zeit in der Werbeagentur“, lacht die Jung-Winzerin und widmet sich wieder ihrem speziellen Luxus. Dem Frühaufstehen, der intensiven 70 Stunden-Woche und dem Hoffen auf einen gnädigen Wettergott. Damit die nächste Weinernte gelinge…
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