Ein Kommentar von Norbert Geroldinger
Man musste wirklich Mitleid mit ihm haben, als heute ein sichtlich gezeichneter Reinhold Mitterlehner vor die Öffentlichkeit trat, um seinen Rückzug von allen Funktionen in Partei und Regierung bekanntzugeben. Oberflächlich betrachtet ist es nur der übliche Obmannwechsel in der ÖVP, die ihre Häuptlinge nach maximal drei Jahren verschleißt.
Tschüss, Django!
Tatsächlich offenbart die Kapitulation des Mühlviertlers Mitterlehner aber die Erosion des rotschwarzen Systems, das die 2. Republik für alle Zeiten im Griff zu haben schien. Doch was vor Jahren noch undenkbar war schreitet nun mit rasender Geschwindigkeit voran. Das, was wir innerhalb von nur einem Jahr erleben, kann wohl nur noch als Götterdämmerung des rotschwarzen Systems und als Erdbeben in der politischen Landschaft Österreichs bezeichnet werden.
Erdbeben in der politischen Landschaft
Zum einen die Bundespräsidentenwahl, wo erstmals weder ein roter noch ein schwarzer Kandidat in die Stichwahl kam, dann der Rücktritt von Faymann und jetzt auch noch Mitterlehner: Innerhalb von einer Wahlperiode machen sich der Kanzler und der Vizekanzler der Regierungsparteien, die beide zugleich das Amt des Parteivorsitzenden bekleideten, aus dem Staube!
Tiefgehender Vertrauensverlust der Österreicher
Das Wegbrechen der Kernwählerschichten jener beiden Parteien, die bisher in der 2. Republik alles bestimmt haben, ist aber keineswegs nur eine Personalfrage sondern das Ergebnis eines tiefgehenden Vertrauensverlustes der Österreicher gegenüber dem politischen System und seinen Institutionen. Nicht nur SPÖ und ÖVP, sondern auch Kirchen, Gewerkschaften und Medien sind in der Krise – und es hat sich eine noch nie dagewesene Anti-Establishment Grundhaltung breitgemacht. Allerdings scheint den noch Mächtigen diese grundsätzliche Ablehnung immer breitere Bevölkerungskreise völlig unbekannt zu sein.
Die Mächtigen verstehen das Volk nicht mehr
Was der Pizza-Boten-Kanzler Kern heute auf die Spitze trieb und allen Ernstes meinte, „wir haben in den letzten 12 Monaten viel erreicht“ und zum Drüberstreuen gab dann noch – wie üblich – die unüberbietbar hohle Worthülse von der „Reformpartnerschaft“. In diesen Tagen geht es aber schon längst nicht mehr um kleinere oder größere Reformen um das alte System aufrechtzuhalten, das längst nicht mehr zu retten ist, sondern um notwendige grundlegende Veränderungen, um den Fortbestand Österreichs sicherzustellen.
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