Zeit meines Lebens dachte ich, Bundespräsidenten seien eigentlich dafür gewählt, sich für den Ausgleich der politischen Kräfte des Landes und den Zusammenhalt der Gesellschaft starkzumachen.
Ein Kommentar von Christian Seibert
Ein Bundespräsident, so dachte ich, mischt sich schon per Definition nicht andauernd in das politische Tagesgeschäft ein, sondern nur dann, wenn er dies für absolut notwendig hält. In der Weimarer Republik wurde für das Amt des Bundespräsidenten auch der Begriff des „Hüters der Verfassung“ geprägt.
Insofern wundert es mich, dass der amtierende österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen derzeit alles unternimmt, um seinen Dissens mit der erfolgreichen österreichischen Bundesregierung medienwirksam zum Ausdruck zu bringen.
Er tut seine Kritik ausgerechnet zeitgleich zu den Feierlichkeiten anlässlich des 100. Geburtstages der Republik und des Gedenkens an die Opfer des Ersten Weltkrieges kund. Hier einen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Kritik an einer erfolgreich arbeitenden Regierung und dem Gedenken an eines der dunkelsten Kapitel der europäischen Geschichte herzustellen, halte ich für brandgefährlich.
Das Verhalten Van der Bellens ist nicht integrativ, sondern treibt die Spaltung der Gesellschaft noch weiter voran. Des Weiteren – so dachte ich – halten sich ehemalige Bundespräsidenten jedoch komplett aus der Politik heraus.
Auch da werde ich momentan vom amtierenden „Ex-Präsi“ Heinz Fischer eines Besseren belehrt. Der fühlte sich unlängst genötigt, die Bundesregierung für das beschlossene Nein zum jenem UN-Migrationspakt zu kritisieren, den eine Mehrheit der Österreicher ablehnt.
Also jene Bundesregierung wiederrum, die jener Steuerzahler ins Amt gewählt hat, auf dessen Kosten Fischer nach wie ein Büro in der Hofburg unterhält. Dieses wenig präsidentielle Verhalten Van der Bellens und Fischers ist mehr als respektlos gegenüber dem Wählerwillen und der Republik. Deren Verfassung eines gewiss nicht vorsieht: Dass sie im Jahr 2018 gar von zwei Bundespräsidenten repräsentiert wird…