Das Innenministerium hat einen neuen Plan: Statt mehr Polizei soll es „Sicherheitsbürger“ geben, die im besten Fall für ihre Tätigkeit kein Geld bekommen. Ob „Privatsheriffs“ oder „Denunzianten“, wie sie von Kritikern genannt werden, allerdings die Sicherheit herstellen können, darf bezweifelt werden.
In Summe fühlen sich die Österreicher nicht mehr so sicher, wie noch vor ein paar Jahren. Täglich kommen Meldungen über Verbrechen, massenhaft illegale Grenzübertritte, sprunghaft ansteigende Asylzahlen und ein Staat dazu, der all dem machtlos gegenüber erscheint. Die Regierung wird zwar nicht müde den Menschen zu erklären, dass Österreich zu den „sichersten Ländern der Welt“ zählt, doch alleine von internationalen Vergleichen lassen sich die Bürger nicht mehr beruhigen. Vor zwei Jahren kündigte das Innenministerium an rund 100 Polizeiposten in Österreich schließen zu wollen. Das Sicherheitsgefühl wurde dadurch nicht erhöht. Also hat das seit 16 Jahren von der ÖVP geführte Innenministerium einen Plan entwickelt.
Community Police
Der Plan heißt „Community-Policing“, auf deutsch „Gemeinschafts-Polizei“: Das sind „Sicherheitsbürger“, die keine Polizisten sind, die aber entsprechende Aufgaben wahrnehmen sollen. In den Städten Schärding, Mödling, Graz und Eisenstadt sind entsprechende Erprobungsphasen angelaufen. Dieser Test soll bis 2017 laufen, danach „soll der bundesweite Rollout stattfinden“.
Die Idee wurde bereits 2010 von der damaligen ÖVP-Innenministerin Maria Fekter erstmals erwähnt. Die entsprechende Unterlage im Ministerium verrät: „Community Policing stammt aus den USA und ist ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz zur Kriminal- und Verkehrsunfallprävention auf kommunaler Ebene.“ Die USA als Vorbild in Sachen Kriminellen-Bekämpfung? Die USA sind mit über 2,2 Millionen Häftlingen das Land mit den meisten kriminellen Gefangenen. Gemessen an der Einwohnerzahl haben die USA also mehr als 7-mal so viele Inhaftierte wie Österreich. Trotzdem dürfte das Modell auf die österreichische Politik Eindruck gemacht haben. Das Modell der „Community Police“ – oder der „Crime-Stoppers“, wie die zivilen Hilfssheriffs auch genannt werden – wird als vorbildlich dargestellt.
„Wenn ich Zeuge eines Verbrechens werde, melde ich das sowieso der Polizei, da muss ich nicht extra Kopfgeld bekommen,“ sagt eine junge Schärdingerin.

Betroffene sind verärgert
In Polizeikreisen ist die Kritik am Innenministerium heftig. Verärgert zeigt sich neben dem zuständigen Sicherheits-Landesrat Elmar Podgorschek auch der betroffene Bürgermeister der Stadt Schärding, Franz Angerer (ÖVP).
Obwohl als Bürgermeister der Stadt Schärding direkt betroffen, wurde er in das Projekt nicht eingebunden. Vom „Wochenblick“ dazu befragt, macht sich Bürgermeister Angerer Luft: „Ich halte wenig von diesem Projekt um nicht zu sagen, dass es sich um eine nicht durchdachte Seifenblase handelt. Mir wurde von Seiten des Zentralausschusses für die Bediensteten des öffentlichen Sicherheitswesens auch schriftlich versichert, dass diese Meinung von vielen Polizistinnen und Polizisten in ganz Österreich geteilt wird, die schon lange aufgrund ständig neuer Projekte und sonstiger philosophischer Ergüsse ihrer Spitzenführungskräfte resigniert haben und langsam aber sicher einfach nur noch tun, was ihnen angeschafft wird.“ In der Polizei entstehe massiver Frust, wenn einerseits Dienststellen zugesperrt werden, andererseits neue Alibi-Projekte aus dem Hut gezaubert würden. „Von Hilfssheriffs und einem Spitzelstaat und wieder aufkeimendem Denunziantentum wie in der früheren DDR halte ich gar nichts.“
Beruhigungspillen
Schärdings Bürgermeister Angerer bezeichnet die „Community Police“ als Augenauswischerei und vermutet politische Berechnung hinter den medial aufgeblasenen Plänen: Vor einiger Zeit noch wurden kleine Wachstuben geschlossen, mit der Begründung einer Erhöhung der Sicherheit; hierbei wurde der einst beste Kontakt zwischen Staatsbürger und Exekutive mutwillig zerstört.“ Dass jetzt die neue „Community Police“ alles retten solle, ist für ihn eine reine Ankündigungspolitik „Die gut ausgebildete und hoffentlich noch motivierte Polizei sollte auch in Zukunft für Sicherheit sorgen.“
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