Am vergangenen Sonntag hielt der französische Staatspräsident Emmanuel Macron anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Ersten Weltkrieges eine bemerkenswerte Rede im Deutschen Bundestag.
Ein Kommentar von Chefredakteur Christian Seibert
Grundsatz-Rede zu Europa
Dabei würdigte er die eifrigen Bemühungen der Deutschen, ihre eigene Geschichte aufzuarbeiten und belobigte die deutsch-französische Freundschaft. Doch noch viel interessanter als jener Teil seiner Rede, die sich mit der Geschichte befasste, waren seine Ausführungen zur Zukunft Europas.
Obwohl Macron nach seinem medial inszenierten kometenhaften Aufstieg zum Staatspräsidenten im Jahr 2017 mittlerweile mit einem historischen Umfragetief und einer Protestwelle konfrontiert ist, denkt der 40-Jährige nicht daran, dies auf seine Politik zurückzuführen.

Fragwürdige Forderung nach Zentralismus
Schlimmer noch, der Franzose blies in seiner Rede sogar noch zum Angriff: Die EU solle noch zentralistischer werden als bisher. Neben einer gemeinsamen Armee solle es künftig auch einen gemeinsamen Haushalt aller Mitgliedsstaaten – also die Totalaufgabe nationaler Souveränitäten geben.
Macron sieht Europa auf dem „Scheideweg“ und es drohe sich gar die Geschichte auf unserem Kontinent zu wiederholen. Dass Macron damit in erster Linie Krieg und Verderbnis meint, versteht sich von selbst.
Budget-Chaos
Sein deutsches Pendant, Bundeskanzlerin Angela Merkel, lobte er ausführlich – vergaß dabei jedoch, dass es genau jene deutsch-französische Achse war, unter deren Führung der heutige Zustand der EU überhaupt erst möglich wurde.
Italiens neue Regierung wird sich kaum von Ländern wegen seiner Budget-Politik maßregeln lassen, die trotz erhobenen Zeigefingers selbst die Maastricht-Kriterien in der Vergangenheit brachen.
Merkels Phantasterei
Und kein Land des „Visegrád-Blocks“ wird Macrons Ansätze zur Flüchtlingspolitik ernstnehmen, nachdem Merkels Grenzöffnung des Jahres 2015 für Chaos auf dem Kontinent gesorgt hat. Folglich hat Macron in einem Punkt Recht.
Europa steht definitiv auf dem Scheideweg. Es hat im Frühjahr 2019 die Wahl zwischen der Vernunft und der Phantasterei Macrons und Merkels…