Ein Skandal im größten Flüchtlingslager von Uganda dringt erst jetzt an die Öffentlichkeit: Dort wurden im Vorjahr Hilfsgüter mutmaßlich systematisch veruntreut und 300.000 Flüchtlinge „erfunden“, um mehr UNO-Gelder zu lukrieren. Regierungsnahe und völlig ungeeignete NGOs bzw. Firmen sollen sich gegenseitig Projekte zugeschanzt haben!
Ein Report von Kornelia Kirchweger
Viel Geld kam vom europäischen Steuerzahler
Der Schaden geht in die Millionen US-Dollar, berichtete u.a. die “Wiener Zeitung”. Uganda beherbergt nach eigenen Angaben 1,4 Millionen Flüchtlinge – und damit so viel, wie kein anderes afrikanisches Land. Zahlte die UNHCR im Jahr 2016 noch 125 Millionen US-Dollar an das Land, stieg diese Summe 2017 bereits auf 200 Millionen US-Dollar an. Die EU, Deutschland, Großbritannien und die USA finanzierten den Löwenanteil.
Nach ersten Gerüchten über den Skandal, drohten sie mit Rückzug als Sponsoren. Die EU schaltete ihre Betrugsbehörde (OLAF) ein.
Interne Untersuchung kostet Millionen US-Dollar
Schließlich musste die für die Lager zuständige UNO-Flüchtlingshilfe (UNHCR) aktiv werden. Sprach sie im Februar noch von „nicht verifizierten“ Berichten, förderte eine 11 Millionen US-Dollar teure Untersuchung dann Haarsträubendes zutage! Entschuldigt wird dieses Chaos laut UNHCR mit dem “massiven Zustrom” sowie “schnell wachsenden Operationen mit neuen Partnern”.
Regierungsnahe NGOs bereichern sich
Wie aus dem internen 42-seitigen UNHCR-Bericht hervorgeht, hat die Behörde 2017 insgesamt über 31 Mio US-Dollar an internationale und lokale NGOs und Firmen gezahlt, die in den Lagern in Uganda Lebensmittel verteilen, Toiletten bauen oder Trinkwasser anliefern.
Regierungsmitglieder oder deren Verwandte sollen lokale NGOs oder Firmen gegründet und sich so gegenseitig Aufträge zugeschanzt haben. Möglich war dies, weil – entgegen den Richtlinien – das ugandische Flüchtlingsministerium die Projekte zuteilte.
Wo ist die Straße?
Eine Logistikfirma sollte über 1200 km Straße zur Versorgung der Flüchtlingslager in N-Uganda festigen. UNHCR zahlte dafür ca. 8 Millionen US-Dollar. Die völlig ungeeignete Firma bestellte falsche Straßenbaumaschinen, die dann “unbenutzt am Straßenrand lagen”. Fazit: Der Bau der Straße wurde bisher “nicht unabhängig bestätigt”.
Unglaubliche Misswirtschaft
Skandal auch bei der Verwaltung der Hilfsgüter im Wert von 6,5 Mio US-Dollar: von exzessiven Überschüssen in Lagern ist die Rede: etwa 288.000 Decken oder 50.000 Schubkarren. Woanders fehlten mehr als 15.000 Solarlampen (280.000 US-Dollar) und knapp 30.000 Frauen-Hygienebinden (10.000 US-Dollar). Der Bericht bestätigt: Ugandische Vertreter schöpften systematisch Güter von UNHCR ab.
Vernachlässigte Sorgfaltspflicht
Die UNHCR, für den die Unschuldsvermutung gilt, hat zwar nach eigenen Angaben korrigierende Maßnahmen getroffen. Wie schlampig sie mutmaßlich selbst bei der Korruptionsbekämpfung vorging, zeigt sich laut “Wiener Zeitung” am Ende des Berichts.
Obwohl schon 2016 kritisiert wurde, dass über 320 Fahrzeuge ohne Bedarfsprüfung an lokale NGOs verteilt wurden, stellte man 2017 noch mehr Fahrzeuge zur Verfügung – erneut ohne Überprüfung.