George Soros, US-Multimilliardär und Vorkämpfer für eine offene Gesellschaft in einer Welt ohne Grenzen, macht wieder von sich reden. Einerseits in einem Gastkommentar im britischen Guardian, wo er die EU mit der Sowjetunion verglich und vor ihrem Zerfall warnte, weil man u.a. EU-Mitglieder ungenügend diszipliniere und die Einhaltung der EU-Gesetze nicht erzwinge. Andererseits auf Twitter, wo er mit einer Aussage über Macht und Wahrheit in einer offenen Gesellschaft einen ironischen Shit-Storm provozierte.
Ein Reportage von Kornelia Kirchweger
Anti-Europäische Kräfte gefährden EU-Wahl
In seinem Gastkommentar nahm Soros zur bevorstehenden EU-Wahl Stellung und zeichnete ein düsteres Bild für die Zukunft der EU, die – ähnlich wie die Sowjetunion – zerfallen könnte. Verantwortlich dafür seien anti-europäische Kräfte, die sich in Deutschland, Italien oder Großbritannien ausbreiten. Die EU sei zu schwach, es fehlen ihr Instrumente zur Disziplinierung abweichender Mitglieder bzw. zur Durchsetzung von EU-Recht. Sie könne nicht einmal ihre Verträge ändern (Anm. d. Red.: das müssen alle Mitgliedstaaten zustimmen). Dazu kommen veraltete Parteisysteme. Bei der EU-Wahl im Mai wird laut Soros ein Sieg für die pro-europäischen Parteien schwierig sein, wenn sie nicht Europas Interessen vor ihre eigenen stellen (Anm. d. Red.: Interessen der EU). Die jetzige EU-Führung erinnere ihn an das Politbüro, als die Sowjetunion zusammenbrach. Sie gab weiterhin Dekrete (Ukazen) heraus, als wäre sie noch relevant.
Die Lüge von „pro- und anti-europäisch“
Wie die meisten EUphoriker, vermischt Soros beliebig EU und Europa. Er ignoriert, dass es nicht um pro- und anti-europäisch, sondern um EU-Befürworter und –Ablehner geht. Diese Ablehnung hat vor allem mit dem Massenmigrationsdesaster von 2015 und der anhaltenden Pro-Migrationspolitik der EU zu tun. Auch das sieht Soros nicht. In einem hat er aber Recht: die jetzige EU hat bereits große Ähnlichkeit mit der einstigen Sowjetunion, deren 15 Unionsrepubliken in einem längeren Desintegrationsprozess 1991 wieder frei wurden. In der EU will Großbritannien jetzt den Anfang machen.
Twitter über Macht und Wahrheit regt auf
Hoch her ging es kürzlich auch auf Twitter, nachdem sich Soros dort selbst zitierte: „Eine offene Gesellschaft kann sich nur durchsetzen, wenn Menschen der Macht die Wahrheit sagen können“. Bei den meisten Usern fiel Soros damit glatt durch. So postete ein User: Haha, Sir, sie Sind der Letzte, der will, dass die Leute die Wahrheit sagen. Ein User ätzte: erzähl uns mehr, George und postete: Soros’ Gesellschaft ist nicht offen. Es ist eine Gesellschaft, wo die Eliten ihre Entscheidungen treffen, weit weg von den Bürgern, und sie über Propaganda kontrollieren. Ein Neil Conell meinte: Die “Wahrheit” ist, wir brauchen Schutz vor nicht gewählten globalen Milliardärs-Eliten, die scheinbar glauben, sie dürfen den kulturellen Genozid Europas betreiben. Sehr wahr, schrieb wieder ein anderer User oder: Ja, aber Soros twittert ein Zitat von Soros aus einem Vortrag von Soros.
Das Zitat stammt übrigens aus dem 2010 erschienen Buch „Soros-Vorlesungen: an der Zentral-Europäischen Universität“ (CEU). Diese war damals in Budapest angesiedelt, wurde im Vorjahr auf Betreiben von Ungarns Viktor Orban zum Großteil geschlossen und kommt in Kürze nach Wien. Wochenblick berichtete.