Türkei diskutiert „Heirate-Deinen-Vergewaltiger-Gesetz“

Kritiker befürchten Straffreiheit durch die Hintertür

Türkei diskutiert „Heirate-Deinen-Vergewaltiger-Gesetz“

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Dem türkischen Parlament soll in Kürze ein Gesetzesentwurf zur Diskussion vorgelegt werden, wonach Männer, denen man Missbrauch von Mädchen unter 18 Jahren vorwirft, durch Heirat ihrer Opfer Strafminderung bzw. Straffreiheit bekommen könnten. Das Gesetz ist auch in der Türkei umstritten, einen ähnlichen Versuch gab es bereits 2016. Wegen heftiger Proteste wurde das damals wieder ad acta gelegt. Kritiker sprechen von einem „Heirate-Deinen-Vergewaltiger-Gesetz“ und kündigten erneut Widerstand an.

Ein Bericht von Kornelia Kirchweger

Unabsehbare Folgen

Sollte das Gesetz beschlossen werden, könnte dies zu einer Legalisierung von Vergewaltigung, Kinderehe und einer „Normalisierung“ von Kindesmissbrauch und sexueller Ausbeutung führen, befürchten Gegner. Auch seitens der UNO kam eine Warnung, dass damit Vergewaltiger bestärkt werden könnten, weil ihnen dann keine Straffverfolgung mehr drohe. Auch die Opposition, u.a. die Demokratische Volkspartei (HDP) forderte die Regierung auf, den Vorschlag nicht im Parlament einzubringen. Ihre Sorge: das Gesetz könne auch dazu benutzt werden, Mädchen und Minderjährige in eine Zwangsheirat zu drängen.

Trotz Verbot weiterhin Kinderehen

Wieder aufgeflammt ist in diesem Zusammenhang auch die Kritik, dass es seit 2017 islamischen Muftis (islamische Rechtsgelehrte) erlaubt ist, zivile Eheschließlungen durchzuführen. Auch das könne den Weg für noch mehr Kinderehen ebnen und die säkulare Verfassung (Trennung von Staat und Religion) bedrohen. Laut einem 2018 veröffentlichten Regierungsbericht haben in den letzten 10 Jahren in der Türkei an die 490.000 Kinderehen stattgefunden, obwohl das gesetzliche Einwilligungsalter 18 Jahre beträgt.

Erdogan im Clinch mit Frauenrechtlern

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan liegt, generell, wegen seiner Haltung zur Gleichstellung von Mann und Frau, im Dauerclinch mit Frauenrechtlerinnen. Der Präsident sagte früher auf einer Konferenz in Istanbul, man könne Frauen und Männer nicht gleichmachen. Das wäre gegen die Natur, denn ihre Natur ist verschieden“. Es wäre besser, von „Äquivalenz“ zu sprechen. Auch den westlichen Feminismus lehnt Erdogan ab, denn dieser verneine das Konzept der Mutterschaft. Der türkische Präsident sprach sich dafür aus, dass Frauen mindestens drei Kinder haben sollten. Abtreibung bezeichnete er als Mord.

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