Heftige Reaktionen im Internet löste die Ankündigung der Bundesregierung aus, dass Österreich dem so gennannten UN-Flüchtlingspakt zustimmen werde. Den zahlreichen Kritikern zufolge handelt es sich bei dem Dokument um eine Vereinbarung, die dem „UN-Migrationspakt“ ähnelt, dessen Ablehnung durch Österreich zuletzt international für zahlreiche Reaktionen gesorgt hat.
Ein Kommentar von Chefredakteur Christian Seibert
Etliche kritische Punkte
Unbestritten ist: Der so genannte Flüchtlingspakt ähnelt dem Migrationspakt zwar, es wird darin jedoch expliziter zwischen Migration und Flucht im Sinne der Genfer Flüchtlingskommission unterschieden. So argumentiert auch das von Ministerin Karin Kneissl geführte österreichische Außenministerium. Trotzdem ist klar festzuhalten, dass auch der Flüchtlingspakt etliche Punkte enthält, die sehr kritisch zu beäugen sind und zurecht für Verunsicherung in der Bevölkerung sorgen.
So wird in dem Schreiben angeführt, dass Aufnahmestaaten ein positives Klima für die „Ansiedlung“ von Flüchtlingen zu fördern hätten, um die „Integration“ eben dieser voranzutreiben. Dies sind auch Punkte, die in ähnlicher Weise im Migrationspakt enthalten waren und eine endgültige Unterscheidung zwischen den Begrifflichkeiten der Flucht und der Migration vermissen lassen.

Internationale Vorbildrolle unter Beweis gestellt
Warum Österreich hier die Chance verspielt, nach der Ablehnung des UN-Flüchtlingspakts wirklich für reinen Tisch zu sorgen und somit mit starker Stimme klarstellt, dass man sich in Fragen der Migration nicht an der UN-Bürokratie orientiert, erschließt sich mir nicht ganz. Es wird wohl insbesondere das Bestreben der ÖVP sein, Österreich auf dem heiklen Parkett der internationalen Diplomatie weiter als ausgleichende Kraft zu positionieren.
Doch gerade mit dem starken „Nein“ zum Migrationspakt hat Österreich seine Vorbildwirkung auf internationalem Terrain schon unter Beweis gestellt. Dieser Entscheidung schlossen sich zahlreiche weitere Länder an. Dies wäre auch mit dem UN-Flüchtlingspakt möglich gewesen, auch wenn das Außenministerium ankündigte, mit dem Vertragswerk nicht glücklich zu sein und Nachbesserungen forderte.
Eine verpasste Chance für Österreich
Es bleibt die verpasste Chance zurück, Österreich als Speerspitze jener Staaten zu positionieren, die Migration in erster Linie als nationalstaatliche Entscheidung ansehen, wie es von Seiten der Bundesregierung immer wieder kommuniziert wird. Und auch, wenn ich stets betont habe, dass es weniger die UN-Schriftsätze sind, welche die Flüchtlings- oder Migrationspolitik eines Landes prägen, sondern vielmehr die jeweiligen Politiker, so ist eines durchaus klar: Durch die Zustimmung Österreichs zum Flüchtlingspakt wurde das klare Nein zum Migrationspakt zumindest verwässert.
Und ein „Jein“ ist keine zufriedenstellende Antwort auf eine drängende Frage…