Mit einer Aufkündigung des Arbeitsübereinkommens mit der FPÖ reagierte SP-Bürgermeister Klaus Luger nach dem Aufkommen der „Ibiza-Affäre“. Für Vizebürgermeister Markus Hein kein Grund zur Panik. Er lobt das Proporz-System und sieht keine Veranlassung für Neuwahlen in der Stadt. Indes kündigte er aber an, dass aufgrund der Neuwahlen im Bund das Projekt Rechtsabbiegen bei Rot vorerst auf Eis gelegt werden musste. Im Interview mit dem Wochenblick erklärt er außerdem, warum er mit „High Life“ wenig anfangen kann und stattdessen die Bodenständigkeit liebt.
Ein Interview geführt von Christian Seibert
Wochenblick: Die Causa Ibiza hat das Land erschüttert und die türkis-blaue Bundesregierung gesprengt. Was ist nach Ihrer Einschätzung wirklich passiert? Wie konnte es soweit kommen?
Markus Hein: Im Prinzip muss man sagen, diese Qualität hat es noch nie in Österreich gegeben, dass ein Bundesthema sich bis in die Gemeinden nach unten gezogen hat. So groß wurde jedenfalls noch kein „roter“ oder „schwarzer“ Skandal in dieser Art aufgezogen. Ich hätte aber niemals damit gerechnet, dass die türkis-blaue Koalition platzen sollte und sich dies auch direkt auf Linz auswirkt. Frau Rendi-Wagner, die anscheinend nicht sehr firm ist in der oberösterreichischen Verfassung, hat sogar in Linz Neuwahlen ausgerufen.
Dafür ist aber noch immer der Linzer Gemeinderat zuständig und eine ungeschicktere Art und Weise, wie man diese Stadt blockieren könnte, würde es nicht geben. Es ist natürlich dem Ganzen geschuldet, dass die SPÖ auf Bundesebene eine sehr unerfahrene Vorsitzende hat und die, die ihr zur Seite stehen, mit sozialdemokratischen Werten sehr wenig am Hut haben.

Gibt es jetzt die Möglichkeit, dass mit wechselnden Mehrheiten die Ressortverteilung neu überdacht wird? Ist dies im Bereich des Möglichen?
Das hat es noch nie in der Stadt Linz gegeben, soweit mir dies bekannt ist. Ich kann mich noch erinnern an das Jahr 2015: Niemand wollte damals das Verkehrsressort – und jetzt?Die Entscheidung von Kurz, die Regierung platzen zu lassen, macht es im Bereich der Infrastruktur nicht viel einfacher. Ohne Bundesgelder wird es schwer sein, hier etwas durchzusetzen. Was jedoch die Stadtplanung betrifft, bin ich davon überzeugt, dass man hier wirklich betrachten sollte, was unter meiner Amtszeit weitergegangen ist und was davor passierte. Wir haben extrem viele positive Veränderungen herbeigeführt.
Wie realistisch ist es, dass ÖVP-Vizebürgermeister Baier Ihr Ressort plötzlich übernehmen könnte und für sämtliche Projekte z.B. Brückenbau etc. verantwortlich wäre?
Das kann schon sein, dass es für Herrn Baier sehr verlockend wäre. Er könnte durchaus damit eine fremde Arbeit als seine eigene verkaufen. Wenn er sich nämlich nur auf seinen Lorbeeren ausruhen würde, hätte er nicht viel vorzuweisen. Ich bin aber davon überzeugt, dass hier von Seiten der SPÖ, trotz der Aufkündigung des Arbeitsübereinkommens, jene Fairness weitergeführt wird, die es in den vergangenen Jahren auch gab. Das hat Bürgermeister Luger so versprochen.

Nach dem Ibiza-Gate: Wie beurteilen Sie das Verhalten des ehemaligen Koalitionspartners im Bund?
Ich denke, dass durchaus der Wille vorhanden war, diese Regierung weiterhin fortzuführen. Die zwei agierenden Personen auf Ibiza haben sofort ihre Konsequenzen gezogen. Man hat es aber versucht, in einer Art Sippenhaftung der FPÖ umzuhängen. Anschließend wurde der Kopf des Innenministers gefordert. Dass Kurz seinerzeit dieses wichtige Schlüsselressort den Freiheitlichen gegeben hat, störte sehr viele Schwarze.
Wie stehen Sie persönlich als leitender Protagonist der Linzer FPÖ zu diesen Vorfällen auf Ibiza? Der Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner hat gesagt, es sei ein „Sittenbild für gewisse Kreise“.
Ich sehe das wie der Landeshauptmann-Stellvertreter Haimbuchner, weil es wirklich nicht dem Sittenbild der Freiheitlichen entspricht. Die FPÖ wird dafür sorgen müssen, dass man hier nicht wieder Halbgötter erzeugt, die glauben, dass sie unverwundbar seien. Die Erdung, die Bodenständigkeit muss im Vordergrund stehen für unsere Bewegung, denn wir sind den Wählern und unseren Menschen verpflichtet und nicht Partys im Mittelmeerraum.