Der Wochenblick in den USA: Spurensuche auf alten Sätteln

Zu Besuch in Wyoming

Der Wochenblick in den USA: Spurensuche auf alten Sätteln

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Überall im US-Bundesstaat Wyoming ist der Wilde Westen noch präsent. Das Land ist sehr dünn besiedelt, hier gibt es noch viel Platz und großartige Natur. Im Herbst versammeln sich die Cowboys zum Round-Up der Rinder, auf den Farmen bereitet man sich auf den Winter vor. Männer tragen noch ihren Colt am Gürtel. Die Cowgirls sind wild, herzlich und stehen ihren Mann.

Ein Lokalaugenschein von Kornelia Kirchweger

Wochenblick: Sie sind eine waschechte „Wyomingerin“?

Charity Taylor: Ja, ich wuchs in Cokeville auf und lebe hier in fünfter Generation. Meine Kindheit verbrachte ich auf dem Rücken der Pferde und war selbst für die Pflege meines eigenen Sattels zuständig.

Mein Vater nahm mich oft in Sattelgeschäfte mit. Dort schaute ich gerne bei der Arbeit zu und lernte vieles dabei.

Woran arbeiten Sie da gerade?

…an einem 105 Jahre alten Sattel mit einer berührenden Geschichte. Es ist ein „Frazier Sattel“ von einem berühmten Sattelmacher aus Colorado, ein Ausstellungsstück.

Er wurde für ein Mädchen angefertigt, das bis zu seinem fünften Lebensjahr nicht gehen konnte. Der Sattel war ein Geschenk, als sie dann doch auf die Beine kam.

Er wurde innerhalb der Familie weitergegeben. Ein Stück lebendiger Geschichte also. Ich reinige und repariere ihn und möchte ihn meinem Sohn Roman geben.

…wie kommen die schönen Muster ins Leder?

Sie werden mit „Stempeln“ gemacht, ich habe ein ganzes Sortiment davon. Diese Stempel schlage ich mit einem Hammer aus Tierhaut ins Leder.

Mein Hammer „lebt“, er hat einen bestimmte Rhythmus von mir aufgenommen und gespeichert. Ich würde ihn deshalb auch nicht verleihen. Er ist wie ein Teil von mir. Plastikhammer verwende ich nicht.

Wie unterscheiden sich alte von neuen Sätteln?

Die alten haben einen meist mit Rohleder ummantelten Holzkern. Heute verwendet man Glasfiber. Früher nähte man die Sattel-Teile zusammen. Später wurden sie geklebt.

Ich löse den Kleber auf und nähe die Teile wieder zusammen. Für diese Arbeit braucht man Fingerspitzengefühl und man muss den Aufbau eines Sattels gut kennen.

Sie fertigen auch neue Sättel an?

Ja, auch maßgeschneidert. Ein guter Sattel ist auf den Rücken des Pferdes und auf den Reiter abgestimmt.

Dann ist das Reiterlebnis für beide optimal. Auch die richtige Einstellung der Steigbügel ist wichtig.

Reparieren ist nachhaltiger…

Genau. Damit helfe ich den Leuten Geld zu sparen, ihren Sattel und seine Geschichte zu erhalten. So ein Sattel ist ein Vermächtnis, das man seinen Kindern und Enkeln weitergeben kann.

Bei regelmäßiger Reinigung und Ölung bleibt der Sattel lange gut. Für eine monatliche Komplett-Reinigung verlange ich im Schnitt 225 Dollar, je nach Zustand des Sattels und was der Kunde sonst noch will.

…wer sind denn Ihre Kunden?

Cowboys, Cowgirls, Rodeo-Reiter, Sammler, Ahnenforscher, wohlhabende Leute, etc. Die Leute freuen sich, wenn ihr Sattel wieder in neuem Glanz erstrahlt und sagen mir das auch. Das freut mich und spornt mich an. Mundpropaganda ist in meinem Business sehr wichtig.

Was kostet so ein Sattel?

Gebraucht etwa 1.500 US-Dollar. Neu kann er über 4.000 US-Dollar kosten. Es gibt antike, mit Silber verbrämte Sättel, die für 250.000 Dollar am Markt sind. So einen kann man sich in Cody, in Irma’s Restaurant anschauen: ein Sattel von Buffalo Bill.

Können Sie vom Saddle Salon leben?

Nein. In den USA kann man sich mit einem Einkommen gerade ein Kind leisten. Ab zwei braucht man zwei Einkommen. Ich war früher Lehrerin, vor zwei Jahren machte ich mich mit dem Saddle Salon selbstständig.

Mir ist wichtig, dass ich mehr Zeit für meinen Sohn habe. Es ist ein hartes Geschäft und bringt nur ein kleines Zusatzeinkommen. Die Abgaben sind sehr hoch – vor allem die Krankenversicherung.

Hat Obama Care nicht geholfen?

Im Gegenteil. Seither muss ich das Dreifache von früher zahlen und es ist verpflichtend. Monatlich 750 US-Dollar. Leistungen daraus kann ich erst ab dem 60. Lebensjahr beanspruchen.

Leider haben die Republikaner nicht viel dagegen unternommen. Momentan kann ich mir das nicht leisten. Ich muss deshalb sogar mit einer Strafe rechnen.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Viel Freizeit habe ich nicht. Aber ich liebe die Natur und die Wildnis, das möchte ich auch für meinen Sohn Roman erhalten. Früher ging ich auch gerne jagen.

Wenn ich Zeit habe, schaue ich gerne alte Western-Filme. Am liebsten sehe ich John Wayne oder Clint Eastwood. Mit modernen Filmen kann ich nichts anfangen.

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