Die EU will unter dem Deckmantel einer neuen Marinemission zur Überwachung des Waffenembargos gegen Libyen künftig wieder „Flüchtlinge“ aus Seenot retten und nach Europa bringen. Griechenland hat sich bereit erklärt, dass diese Migranten in an Land gehen dürfen. Italien hat wegen der Corona-Krise abgesagt. Von dort sollen die Geretteten auf „willige Staaten“ verteilt werden, erfuhren Medien aus Diplomatenkreisen.
Ein Beitrag von Kornelia Kirchweger
Warum willigte Griechenland ein?
Diplomaten lobten die „konstruktive Haltung Griechenlands“. Dass angesichts der prekären Lage in Griechenland dahinter ein anderer Deal steckt, liegt auf der Hand. Der ist allerdings (noch) nicht bekannt. Die neu beschlossene Marinemission „Irini“ ist die Nachfolgeoperation von „Sophia“, die Ende des Monats ausläuft. Das Waffenembargo soll mit Satelliten und Aufklärungsflugzeugen sowie mit Marineschiffen von See aus überwacht werden. Die Mission ist zunächst auf ein Jahr angesetzt. Selbstverständlich gilt das Seerecht weiterhin, wonach in Seenot geratene Menschen zu retten sind. „Irini“ wird, wie „Sophia“, von der Operationszentrale in Rom unter italienischem Kommando geführt.
Zugeständnis an Österreich
Der Einsatz muss alle vier Monate einstimmig von den Staaten im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee der EU verlängert werden. Das ist eine Konzession an Österreich und Ungarn, die sich lange gegen eine neue Mission stemmten – weil die Schiffe eine neue Flüchtlingswelle auslösen könnten. Die EU-Marineschiffe sollen vor der östlichen Küste Libyens patrouillieren, etwa auf der Seehöhe von Benghasi. Das liegt angeblich jenseits der bekannten Schleuserrouten, erlaubt es aber, Waffentransporte aus der Türkei anzuhalten. Außerdem sollen die Schiffe mit ihren Radaren den Luftraum über Libyen im Blick behalten. Das man mit dieser High-Tech-Ausrüstung natürlich sehr gut „in Seenot“ geratene Schlepperboote findet, versteht sich von selbst.
EU brachte über 100.000 Migranten nach Italien
Seit 2015 „retteten“ die EU-Schiffe dieser Operationen rund 100.000 Migranten aus dem Mittelmeer. Sie landeten allesamt in Italien (Wochenblick berichtete). An „Sophia“ waren 26 EU-Mitgliedstaaten beteiligt. Sie stellen abwechselnd und auf eigene Kosten eine kriegstaugliche High-Tech Schiffs- und Luftflotte sowie 1.000 Soldaten und Zivilpersonal bereit. Aus dem EU-Budget kamen für 2017/2018 sechs Millionen Euro. Die Operation wurde 2017 auf massiven Druck Deutschlands verlängert. Damit Italien teilnimmt, versprach man damals weitere 100 Millionen Euro zur Abwicklung der Asylverfahren und die Verteilung vieler illegaler Migranten auf die EU. Der italienischen Ex-Innenminister Matteo Salvini stellte die Mission ein. Insbesondere, weil die meisten Geretteten keine Flüchtlinge sonder Wirtschaftsmigranten waren (Wochenblick berichtete).