In Italien wird die Legalisierung von hunderttausenden Einwanderern ohne gültige Aufenthaltspapiere diskutiert. Da durch die Corona-Maßnahmen keine Saisonarbeiter aus Osteuropa einreisen können, sollen Illegale, die sich bereits im Land befinden, als Erntehelfer einspringen. Landwirtschaftsministerin Teresa Bellanova gab sich zudem besorgt darüber, dass sich das Corona-Virus in den Elendsvierteln, in denen die Migranten leben, stark ausbreiten könnte.
Schätzungen zufolge befinden sich in Italien etwa 670.000 Einwanderer ohne gültige Papiere – die sogenannten “Clandestini”. Bei einem großen Teil davon handelt es sich um Migranten aus Afrika, die über das Mittelmeer nach Italien gekommen sind. Viele von ihnen arbeiten für niedrige Löhne als Erntehelfer auf Plantagen in Süditalien und leben in Barackensiedlungen am Rand großer Städte.
200.000 fehlende Erntehelfer
Da diese Menschen keine gültigen Aufenthaltspapiere vorweisen können, hindern die derzeitigen Ausgangssperren im Zuge der Corona-Krise sie daran, auf den Feldern zu arbeiten. Aufgrund des Ausbleibens der regulären Saisonarbeiter aus Rumänien, Bulgarien und Polen, sollen nun rund 200.000 Erntehelfer fehlen. Zur Sicherung der Ernte ist daher eine Legalisierung der Migranten im Land im Gespräch.
600.000 Aufenthaltsgenehmigungen?
Dabei wird noch diskutiert, wie viele Arbeitskräfte Papiere erhalten sollen. Innenministerin Luciana Lamorgese möchte die Legalisierung lediglich für etwa 200.000 Einwanderer erwirken. Landwirtschaftsministerin Teresa Bellanova von der linksliberalen Partei Italia Viva dagegen fordert Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung für sämtliche Betroffenen, die eine Arbeitsstelle vorweisen können: Damit würden etwa 600.000 Illegale Papiere ausgestellt bekommen. Bellanova wirft dem Staat vor, sich andernfalls zum “Komplizen von Schwarzarbeit, Sklaverei und Mafia” zu machen.
Bellanova sieht hohe Infektionsgefahr
Sie begründet ihre Forderung zudem mit der Corona-Krise. Die Elendsviertel könnten zu Infektionsherden mutieren, da die illegalen Einwanderer im Krankheitsfall aus Angst vor einer Ausweisung keinen staatlichen Arzt aufsuchen würden.
Persönliche Motive
Bellanova hat dabei aber auch persönliche Motive: Die 61-jährige Süditalienerin stammt aus einfachen Verhältnissen und hat selbst jahrelang als Erntehelferin gearbeitet, bis sie in eine kommunistische Landarbeiter-Gewerkschaft eingetreten ist.
Salvini lehnt Pläne ab
Der Ex-Innenminister Matteo Salvini dagegen kritisiert die Pläne scharf und warnt davor, einen Pull-Faktor für weitere Einwanderer zu schaffen. Der Chef der patriotischen Lega äußerte sich auf Twitter:
“Wenn die Regierung über Amnestien, Legalisierungen und Papiere redeten, ist völlig klar, dass die Botschaft, die am anderen Ufer des Mittelmeeres eintrifft folgende ist: ‚Geh, früher oder später dulden sie dich sowieso’”
Der Chef der patriotischen Lega schlägt stattdessen vor, Studenten, Arbeitslose oder Pensionierte bei die Ernte einzusetzen.