Bin ich im falschen Film? Was war das für ein Jubel auf deutschen TV-Bildschirmen, weil der „WELT“-Korrespondent Deniz Yücel (44) nach 368 Tagen türkischer Haft wieder in die Freiheit entlassen worden ist.
Ein Kommentar von Chefredakteur Kurt Guggenbichler
Diese Freiheit sei ihm natürlich gegönnt, da kein Journalist dafür eingesperrt werden sollte, wenn er herrschende Klassen oder Kasten kritisiert. Das gilt im Übrigen nicht nur für Yücel, sondern für alle Kollegen, ungeachtet ihrer Herkunft, ihres Namens, ihrer Hautfarbe oder ihrer Religion.
Journalistischer “Schmierfink”
Allerdings frage ich mich schon, ob die deutschen Medien und deren Konsumenten wissen, wessen Rückkehr sie da so enthusiastisch bejubelt haben? Die Rückkehr eines Starreporters? Eher schon die Rückkehr eines „Schmierfinken“ wie der deutsche Journalist und Buchautor Hubert von Brunn glaubt und auch schreibt.
Dabei stützt er sich auf eine „journalistische Glanztat“ Yücels, der in einer Replik auf den 2011 erschienen Bestseller von Thilo Sarrazin in der linken „taz“ geschrieben hatte, dass „der baldige Abgang der Deutschen“ ein „Völkersterben von seiner schönsten Seite“ sei.
Denn eine Nation, deren größter Beitrag zur Zivilisationsgeschichte der Menschheit darin bestehe, dem absolut Bösen Namen und Gesicht zu verleihen….so eine freudlose Nation könne gern das Zeitliche segnen, befindet Yücel und wünscht Buchautor Sarrazin einen weiteren und erfolgreicheren Schlaganfall an den Hals.
20.000 Euro Strafe
Nun fragt sich nicht nur Hubert von Brunn: „Wie bösartig muss ein Mensch sein, der so etwas schreibt.“ Die „taz“ musste für die Tiraden des Starautors auch tief in die Tasche greifen und 20.000 Euro Strafe an Sarrazin bezahlen.
Ist das die Art von Journalismus, den sich Merkels Land für die Zukunft wünscht? Machen wir uns nichts vor, konstatiert Hubert von Brunn lapidar: „Moral als kategorischer Imperativ des Denkens und Verhaltens mag für intellektuelle Fossilien wie mich, die sich dem Humanismus verpflichtet fühlen, von Bedeutung sein.“ Bei den „progressiven Kräften“ habe die Moral jedoch längst ausgedient. Denen ginge es nämlich nur noch um widerliche Selbstdarstellung und Effekthascherei.
Das kann ich voll unterschreiben und hoffen, eines Tages wieder im richtigen Film zu sein, wo das Schwarz noch ein Schwarz ist und das Weiß noch ein Weiß und die Rede ein „Ja! Ja!“ sei oder ein „Nein! Nein!“ wie es in der Bergpredigt des Matthäus-Evangeliums heißt.