Am Sonntag stürmten britische Sondereinheiten einen, von Lagos (Nigeria) kommenden, Öltanker vor der britischen Küste. Die 22-köpfige Besatzung wurde von sieben „blinden Passagieren“, wahrscheinlich Nigerianer, mit dem Umbringen bedroht. Die Lage geriet außer Kontrolle, der Kapitän löste das Notsignal aus. Die Angreifer wurden festgenommen. Es gab angeblich keine Verletzten. 2018 kam es zu einem ähnlichen Zwischenfall.
Der Tanker „Nave Andromeda“ verließ am 5. Oktober den Hafen von Lagos. Er sollte am Sonntag, vor Mittag, in Southampton anlegen. Auf dem Marine-Radar sah man aber, wie das Schiff stundenlang im Zick-Zack-Kurs vor der Insel Wright hin- und herfuhr.
Panischer Notruf
Schließlich ging ein panischer Notruf des Kapitäns ein, der dringend Unterstützung und Rettung forderte. Er versuche „sie“ ruhig zu halten, „sie“ bedrohen die Crew mit dem Umbringen, er fürchte um ihr Leben, sagte er. Die Besatzung hatte sich in einer sicheren Zone, auf dem 228 Meter langen Schiff, verschanzt.
In response to a police request, the Defence Secretary and Home Secretary authorised Armed Forces personnel to board a ship in the English Channel to safeguard life and secure a ship that was subject to suspected hijacking. (1/2)
— Ministry of Defence ?? (@DefenceHQ) October 25, 2020
Ungeklärte Fragen
Die „blinden Passagiere“ sind wahrscheinlich in Lagos auf den Tanker gekommen, was, laut Experten, relativ einfach sein soll. Fraglich ist, warum die Crew sie erst bei der Einfahrt in britische Gewässer entdeckte, denn sie mussten sich während der wochenlangen Fahrt auf dem Meer ja irgendwie versorgen. Dass sie erst später an Bord kamen, wird von den Behörden bezweifelt. Möglich wäre das gewesen, weil das Schiff auf seiner Route einmal auf den Kanarischen Inseln und vor fünf Tagen an der französischen Küste, bei Saint Nazaire, anlegte.
Der Besitzer des Öltankers, ein Grieche, widersprach Berichten, wonach das Schiff von „blinden Passagieren“ entführt wurde. Das sei zu „100 Prozent auszuschließen“. Der Tanker fuhr unter liberianischer Flagge und transportierte 42.000 Tonnen Rohöl. Schiffsentführungen durch nigerianische Piraten finden üblicherweise im Golf von Guinea statt, um entweder Ladung zu stehlen oder die Crew, zu Erpressungszwecken, als Geisel zu nehmen.
Sorge wegen Terroranschlag
Bei stürmischem Seegang kam es schließlich in den Abendstunden, mit Genehmigung der zuständigen Minister, zum Rettungseinsatz mit Militärhilfe. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte gegenüber BBC, man habe die Situation den ganzen Tag genau beobachtet. Es habe nicht nach einem terroristischen Hintergrund, in Verbindung mit Massenvernichtungswaffen, ausgesehen. Das unberechenbare Verhalten sei allerdings besorgniserregend gewesen. Die Sicherheit der Besatzung sei ebenso wichtig gewesen, wie jede unbefugte Bewegung in Richtung Küste.
Ähnlicher Vorfall 2018
Schon 2018 kam es zu einem ähnlichen Zwischenfall auf einem Öltanker, als afrikanische „blinde Passagiere“ die Crew mit Eisenstangen bedrohten, und sie beim Eintritt in britische Gewässer als Geiseln nahmen. Auch damals schritt die Sondereinheit für Schiffsicherheit (SBS), die Teil der Königlichen Marine ist, ein. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion stürmte sie das Schiff und befreite die Crew.