StarLink und Co: Macht und Kontrolle dank Internet aus dem All

Auch EU-Kommission will eigenes Satelliten-Internet

StarLink und Co: Macht und Kontrolle dank Internet aus dem All

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Hochgeschwindigkeitsinternet aus dem All – und das von jedem Punkt der Erde aus. Das ist das große Ziel vieler Unternehmen, die zu diesem Zweck zahllose Satelliten in den Orbit schießen. Klarer Vorreiter ist dabei Elon Musk mit seinem StarLink-Programm. Doch Kritik wird laut – und auch Regierungen wollen mitmischen…

Von Vanessa Renner

Im Jahr 1957 schoss die Sowjetunion mit dem „Sputnik 1“ den ersten Satelliten in den Weltraum – und lieferte damit den Startschuss für ein erbittertes Wettrennen zwischen den Leitmächten des Kalten Krieges um die Vorherrschaft im All. Knapp zehn Jahre später, am am 27. Januar 1967, wurde der sogenannte Weltraumvertrag ratifiziert: Der „Vertrag über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper”. Er sollte vor allem die Okkupation von Himmelskörpern durch einzelne Staaten verhindern und eine militärische Nutzung des Alls, beispielsweise durch die Stationierung von Kernwaffen, unterbinden. Die Nutzung des Weltraums sollte (und soll bis heute) nur friedlichen Zwecken wie der zivilen Raumfahrt und der Weltraumforschung dienen.

Expansion zu den Sternen

Dennoch: Bis heute wird im Weltall ein stiller Kampf ausgetragen. Denn die Raumfahrtindustrie boomt und lockt mit Milliardenumsätzen. Jeder möchte sich ein Stück vom Kuchen sichern! Die größten Gewinnchancen bietet heute wohl das „Internet aus dem All“: Der Aufbau einer satellitenbasierten Infrastruktur für Hochgeschwindigkeitsinternetanbindungen.

Der klare Vorreiter in diesem Bereich ist derzeitig der Tesla- und SpaceX-Gründer Elon Musk. Mit seinem StarLink-Programm möchte er in Zukunft blitzschnelles Internet auf jedem Punkt der Erde verfügbar machen. Dazu plant der findige Technikunternehmer, ein gewaltiges Netzwerk von Satelliten – eine sogenannte Megakonstellation – ins All zu bringen. Zum jetzigen Zeitpunkt besteht Musks StarLink-Konstellation aus knapp 1.000 erdnahen Satelliten. Zur Vervollständigung des Netzes sollen es mindestens 12.000 werden – mittlerweile ist gar schon die Rede von weiteren 30.000, denn jeder zusätzliche Satellit verbessert die Bandbreite.

Spätestens seit dem Boom der Streamingdienste kann diese für Internetnutzer weltweit kaum je groß genug sein. Eine konstante schnelle Internetverbindung ist für viele smarte Geräte und Maschinen längst ein Muss geworden. Und auch die Entwicklungen von Zukunftstechnologien – beispielsweise im Bereich des autonomen Fahrens – sind von zuverlässigen und schnellen Verbindungen abhängig. In Flugzeugen und auf Schiffen wiederum ist man ohnehin auf Satelliten-Internet angewiesen: Zwar gibt es bereits Satelliten-basiertes Internet aus dem All. Da diese Satelliten sich jedoch in großer Höhe im geostationären Orbit (GEO) befinden, hat es nur eine geringe Bandbreite. Die erdnahen Satelliten im sogenannten Low Earth Orbit (LEO) sind dem deutlich überlegen.

Milliardenumsätze erwartet

Musk hofft mit seinem StarLink-Projekt auf 3 Milliarden Dollar Jahresumsatz im ersten Ausbauschritt. Mit denen möchte er seine weiteren ambitionierten Raumfahrtpläne finanzieren. Tatsächlich existieren in den USA schon mehrere Testregionen, in denen Musks Satelliten-Internet erprobt wird, und auch in Großbritannien kann das nötige Equipment für die Starlink-Verbindung vereinzelt schon erworben werden. Weitreichende Tests in Europa sollen bald folgen. Sogar in Österreich gibt es bereits eine StarLink-Niederlassung. Ob das Satelliten-Internet hier in naher Zukunft angeboten werden wird, ist jedoch noch unklar.

Alle wollen mitnaschen

Elon Musk ist zwar mit Abstand Vorreiter, er ist jedoch bei weitem nicht der einzige, der dieses Feld erobern möchte: Die bekannten Technikriesen bringen sich ebenfalls in Stellung. So soll Amazon bereits in den Startlöchern für eine eigene Megakonstellation stehen und auch Facebook plant offenbar ein eigenes Satelliten-Internet. Das Unternehmen OneWeb mit Sitz in London arbeitet bereits daran, sich Musk an die Fersen zu heften: Immerhin über 100 Satelliten des Unternehmens befinden sich schon im Orbit – in der ersten Ausbauphase sollen es einmal über 700 werden. Die zweite Ausbauphase war mit einem Ziel von beinahe 48.000 Satelliten deutlich größer angelegt; jüngst schrumpfte OneWeb diese Zahl jedoch auf 6.372 ein. Als Begründung für diesen Sparplan wird der „verantwortungsbewusste Umgang mit dem Weltraum“ angegeben.

Störung der Astronomie

In der Tat erntet das massiv ansteigende Satellitenaufkommen im All auch Kritik. Nicht nur, dass die zahlreichen Satelliten mehr und mehr den ungehinderten Blick in den Sternenhimmel unmöglich machen und Astronomen die weitere Erforschung des Universums in Gefahr sehen: Auch eine mögliche Zunahme von Weltraumschrott und Satellitenabstürze bereiten Experten Sorge. Sollten Bauteile der Satelliten am Ende ihrer Lebenszeit beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre nicht vollständig verglühen, könnten sogar Menschen von abstürzenden Trümmern verletzt oder getötet werden. Elon Musk ist sich dieser Risiken bewusst und gab vor dem Schuss der ersten 60 Satelliten ins All im Jahr 2019 an, dass 95 Prozent aller Komponenten der ersten Serie der Satelliten am Ende des Lebenszyklus in der Erdatmosphäre verglühen würden. Die nächsten Serien würden sich dem vollständigen Zerfall weiter nähern, versprach er.

Wie all die anderen Unternehmen die Risiken von Schrott und Abstürzen handhaben wollen, ist indes unklar. Fakt ist, dass immer mehr auf den Zug des Satelliten-Internets aufspringen wollen. Dabei spielen auch politische Interessen eine Rolle. So wird in Russland aktuell geprüft, ob ausländisches Satelliten-Internet nicht verboten werden kann: Russischen Bürgern, die Angebote wie StarLink oder OneWeb nutzen, könnten dann empfindliche Geldstrafen drohen. Als Grund für den Vorstoß wird die mögliche Gefährdung der nationalen Sicherheit angegeben: Über Anbieter wie StarLink könnten Bürger nämlich die russische Netzüberwachung umgehen und sich so der Kontrolle der Behörden entziehen. Hinzu kommt, dass Elon Musks Programm als unliebsame Konkurrenz betrachtet wird. Denn: Auch die russische Regierung plant, ein eigenes Satelliten-Internet einzuführen. Die Konstellation „Sfera“ (Sphäre) soll allerdings erst in einigen Jahren in Betrieb genommen werden.

Viel Macht in wenigen Händen

Auch die EU-Kommission veröffentlichte jüngst derartige Pläne. Europa soll ein eigenes Satelliten-Netzwerk bekommen – angeblich, um bestehende Breitbandlücken zu stopfen und unabhängig von Anbietern wie StarLink zu sein. Zuletzt kündigte die EU-Kommission mit ihrem neuen „Aktionsplan für die Demokratie“ einen noch härteren Kampf gegen sogenannte „Desinformation“ im digitalen Raum an (Wochenblick berichtete)… Für Kritiker eine unheilvolle Assoziation.

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